"Man muss in Deutschland endlich begreifen, dass Judentum, Zionismus und Israel drei Paar Schuhe sind und von daher auch die negative Ableitung davon Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik drei verschiedene Dinge sind. Das ist die Sache, die man noch immer in Deutschland nicht begriffen hat, weil eben nicht alle Juden Zionisten sind, nicht alle Zionisten Israelis sind und nicht alle Israelis Juden sind." – So beschreibt der Historiker und Soziologe Prof. Dr. Moshe Zuckermann im Interview mit GEGENPOL die Verwirrung innerhalb des deutschen Umganges mit Israel, Judentum und Zionismus.
Der ehemalige Leiter des Instituts für deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv bringt auf den Punkt: "Der Zionismus hatte nie etwas gegen den Antisemitismus, denn solange es Antisemitismus gibt, gibt es eine Einwanderung von Juden aus der Welt in Israel. Von daher gab es sogar manchmal Tendenzen, die gesagt hat, wenn er zu schwach wird der Antisemitismus, dann sollten wir ihn entfachen, damit mehr Juden ins Land kommen."
Zuckermann selbst wurde schon häufig – und insbesondere von Seiten der so genannten "Anti-Deutschen" – vorgeworfen, anti-israelisch und somit antisemitisch zu argumentieren. Der Grund: Der Historiker ist ein bekennender Gegner der israelischen Okkupationspolitik. Dass aber jüngst der Beauftragte für Antisemitismus der Bundesregierung, Felix Klein, einen Bescheid schickte, "dass ich wegen meiner Anschauungen als antisemitisch einzustufen bin", damit ist laut Zuckermann eine neue Qualität erreicht: "Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich als der Sohn von Auschwitz Überlebenden von einem deutschen Funktionsträger als antisemitisch eingestuft werde. Das ist wirklich eine harte Nuss und das kann, glaube ich, auch heute nur in Deutschland passieren. Nur in Deutschland ist man so beknallt irgendwie Israelkritik mit Antisemitismus gleichzustellen."
Außerdem sprachen wir mit Moshe Zuckermann über den möglicherweise bevorstehenden israelischen Angriff auf den Iran, über die Stimmung der israelischen Bevölkerung hinsichtlich der nicht enden wollenden Eskalation, über die zunehmende Auswanderungsbewegung aus Israel heraus, sowie über die Zukunft des Nahen Ostens. Pessimistisch resümiert Zuckermann: "Es gibt keine Friedensbewegung mehr in Israel. Sie hat sich bei der zweiten Intifada, die im Jahre 2000 ungefähr losgegangen ist, mehr oder weniger in den Winterschlaf gelegt und ist seit damals nicht wieder aufgewacht. [...] Es gab auch in diesem Krieg übrigens keine einzige Antikriegsdemonstration. Immer hatten wir in den israelischen Kriegen früher oder später während des Krieges eine Antikriegsdemonstration. Bei diesem Krieg gab es noch keine einzige."
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