Sie spürt die Wärme und das Licht und ruht sich aus, um neue Kraft zu tanken, neue Energie. Sie fühlt die Wärme und denkt, daß es noch viel mehr davon geben muß, von der Wärme. Die Aussicht auf noch mehr dieser wohltuenden Strahlen gibt ihr Kraft und sie kämpft weiter und weiter. Bis sie glaubt, keine Kraft mehr zu haben. Dann schläft sie erschöpft ein. Sie wird geweckt durch das Sonnenlicht und sie denkt: "Was kann es Schöneres geben, als vom Sonnenlicht geweckt zu werden?" Mit neuer Kraft versucht sie es weiter, Stück für Stück.
Manchmal verharrt sie in ihrer Bewegung, um den Wind zu riechen und die Wärme, sie zu spüren. Ihre Bewegungen sind so winzig, daß kaum jemand sie bemerkt, nur wenn man genau hinsieht ,kann man es sehen, wie sie sich Stück für Stück bewegt, um dem Sonnenlicht noch näher zu sein, um noch mehr von der Wärme zu spüren. Es ist ein langer Kampf, aber irgendwann, sie kann nicht sagen, nach wie vielen Stunden oder Tagen, hat sie es geschafft.
Sie fühlt das Sonnenlicht überall, an ihrem ganzen Körper. "Die Wärme und das Licht sind so wunder schön", denkt sie, und sie ist so müde, daß sie trotz der Wärme und des Lichts einschläft, denn sie hat ihre Aufgabe noch nicht erfüllt, die Anstrengungen sind noch nicht vorbei. Sie wacht auf und kann nicht sagen, wie lange sie geschlafen hat, aber die Sonne und der Wind sind immer noch oder wieder da, das weiß sie nicht.
Sie fühlt sich dem letzten Abschnitt gewachsen, fühlt, daß sie genug Kraft dafür hat. Und langsam, ganz langsam schiebt sich aus dem grünen Stengel die weiße Blüte des Schneeglöckchens heraus.
Sarah Seelbach
Meine Schneeglöckchen |