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Donnerstag, 11. April 2019

Zur Entspannung ....

habe ich für Euch eine kleine Geschichte ausgesucht.


Der Traum

Vor gar nicht allzu langer Zeit, lebten in einem Zoo viele Tiere zusammen. Alle für sich, nach Tierart in ihrem Käfig. Am Tage standen sie träge und gelangweilt in ihren Gehegen. Am Abend aber, wenn alle Besucher und Pfleger sich zurückgezogen hatten, kam Leben in sie! Wie von Zauberhand öffneten sich alle Türen und Tore. Die Tiere konnten sich frei bewegen. Sie hatten schon Freundschaften geschlossen und freuten sich jeden Abend aufs Neue, sich zu sehen, miteinander zu reden und lachen.

In einem besonders großen Gehege lebte ein Elefant. Er war still und alle hielten ihn für besonders weise. Er stand dort, mit seiner dicken Haut und den klugen kleinen Augen. Er war gutmütig und freundlich," "er beobachtete ganz genau und behielt sich alles was er sah und hörte. Alle Tiere im Zoo hatten großes Vertrauen zu ihm und seinen Fähigkeiten. Wenn jemand Probleme, Sorgen, Fragen oder Trost brauchte, ging er zu dem weisen Elefanten. Er wusste einfach immer Rat und Antwort.


So kam es, dass auch der kleine Schimpanse Filou bei dem weisen Dickhäuter vorstellig wurde. Er hatte blitzende braune Augen, war immer zu Scherzen bereit. Alle mochten ihn deswegen. Filou stand vor dem Elefanten und sah ihn ernst an. Dieser neigte seinen Kopf und bedeutete Filou sich auf den Rüssel zu setzten, den er wie ein "L" geformt hatte. Der Kleine nahm Platz und schmiegte sich eng an den Rüssel und tankte Wärme und Energie. Er schloss dabei die Augen und seufzte leicht. Es tat sooo gut!


Der Dickhäuter blickte auf Filou und eine Welle der Zuneigung durchzog ihn. Diese gab er, einfach per Gedankenkraft und durch seine Aura an den Kleinen weiter. Dieser war ganz verwirrt über das, was er spürte. Verabschiedete sich brav und ging in seinen Teil des Geheges, legte sich auf seinen Schlafplatz, einem alten ausgedienten LKW-Reifen und träumte einen Traum:

Weit weg vom Zoo, in einem fernen Land, wo der Ozean so groß war, dass man überall, wo auch immer man hinschaute, den Horizont sah. Dort lebten auf dem Meeresgrund viele Tiere, Muscheln, Pflanzen und Meerjungfrauen. Diese lebten in schlossähnlichen Felshöhlen wie eine große Familie. Eines Tages stöberte eine stille aber neugierige Meerjungfrau in einem Teil der Höhlen, der schon lange nicht mehr besichtigt worden war. Sie fand dort eine riesige Muschel. Leicht verschlammt, schon lange nicht mehr geöffnet. Vorsichtig strich die kleine Meerjungfrau den Schlamm von der Oberfläche der Muschel und mit viel Mühen öffnete sie diese. Dort fand sie einige wundervolle Schätze! Begeistert rief sie nach ihren Geschwistern und Freunden. Große Augen des Erstaunens und der Freude. Behutsam wurden alle Kostbarkeiten bewundert, begutachtet und mit zarten Fingern betastet. Es waren nur einige kleine Kostbarkeiten. Sie wurden alle wieder sorgfältig in die große Muschel gelegt und diese wurde vorsichtig geschlossen.


In den Tagen und Wochen darauf kamen immer wieder Meerjungfrauen um ihre kleinen Geheimnisse und Schätze der Muschel zu schenken. Diese wurde immer voller und voller, so dass sie zum Schluss kaum noch geschlossen werden konnte. Aber sie glänzte wieder und strahlte, so wie in alten Zeiten. Das Öffnen und Schließen wurde von Mal zu Mal leichter und leichter. Und wenn vor ihr ein besonders schönes Wesen stand, schön, von innen heraus, dann öffnete sich die große Muschel von ganz alleine, um all ihre Schätze und Kostbarkeiten preis zugeben.

Verfasser unbekannt



2:53 Minuten

Sonntag, 31. März 2019

Ein Märchen zum Wochenende ....

Gestern war ein wunderschöner Frühlingstag mit Sonne und Wärme. Ich habe das so lange vermisst und darum sehr genossen. Leider soll es wieder kühler werden.


Hier nun das Märchen vom undankbaren Sohn.

Eine alte Mutter hatte einen Sohn, der wollte heiraten und bat die Mutter, sie möge ihm doch ihr Häuschen und ihr Gütchen geben, er und ihre zukünftige Schwiegertochter wollten es auch gar gut mit ihr meinen, sie bei sich hegen und pflegen und sie sozusagen auf den Händen tragen.

Die alte Mutter war vom Herzen gut und vom Hirn etwas einfältig; sie kannte das Sprichwort nicht: Ziehe dich nicht eher aus, bis du dich schlafen legst, und gab her, was sie hatte. Zum Danke wurde sie sehr übel gehalten, war über nichts mehr Herrin, und jeder Bissen Brot wurde ihr erst schmal genug vor geschnitten, dann vorgerechnet und jeder Tropfen Trankes ihr vergällt; aber Sohn und Schwiegertochter ließen es sich ganz gütlich und wohl sein.

Einst speisten letztere beiden miteinander und mit Knecht und Magd ein gebratenes Truthuhn, ohne die Mutter dazu einzuladen; zufällig kam diese aber dennoch, musste jedoch anklopfen, denn die Türe war zugeschlossen. "Holla, die Alte kommt, fort mit dem Huhn! Setze es derweil in die Ofenröhre und mache deren Türe zu!" gebot der Sohn dem Knechte, und dieser vollzog als bald den erhaltenen Befehl.

Jetzt wurde die Stubentüre aufgerissen von dem Sohne und die arme Alte angefahren: "Nun, was soll es denn? Hat der alte Drache etwa schon wieder Hunger? Ei, so wollt ich doch! Da, nehmt, hier ist Brot, und nun trollt Euch von hinnen!"

Weinend wankte mit dem trockenen Stückchen Brot die alte Mutter aus der Stube; der böse Sohn warf hinter ihr die Türe in das Schloss, dass es krachte, und eiferte: "Keinen Bissen kann man doch in Ruhe und ohne Ärger genießen! Ich möchte nur wissen, ob die Alte ewig leben will."

"Bringe das Huhn wieder her!" gebot die Sohnesfrau dem Knechte - dieser öffnete die Ofentüre und sprang mit einem lauten Schrei des Schreckens drei Schritte vom Ofen zurück und verfärbte sich.

"Nun, was hat denn der tölpelhafte Narr? Er ist wohl verrückt!" rief der Mann und gebot der Magd, das Huhn aus der Röhre zu holen. Diese ging und griff in die Röhre und kreischte als bald vor Entsetzen auf, in dem auch sie zurücksprang.

"Was soll das heißen, ihr dummes Volk?" schalt der Herr. "Und wenn der lebendige Teufel drinnen saß, so würde ich nicht solchen Lärm aufschlagen! Geh du hin, Frau." "Ich?" fragte die Frau, "nicht um die Welt, ich tu es nicht - ich danke; ich bin satt."

"Ei, so muss ich selbst nachsehen und will es, und wenn der Donner drinnen säße!" rief der Mann, stieg auf und ging an die Röhre.

Hu! da schoss eine armdicke und klafterlange Schlange heraus, schnellte gegen ihn und ringelte sich um seinen Hals, eiskalt, und als er sie abzuwenden strebte, riss sie ihren Rachen gräulich auf und zeigte ihre Giftzähne und ihre Gabelzunge, und weder er noch sonst jemand anders durfte sie berühren, und wenn man Miene machte, sie von weitem zu beschädigen, so zog sie sich gleich fester um den Hals, dass der Mann zu ersticken Gefahr lief und ängstlich schrie, man solle die Schlange unberührt und ungeschädigt lassen.

Und die Schlange wich nicht von ihn; sie um seinen Hals legte er sich schlafen, sie um seinen Hals stieg er wieder auf. Ehe er einen Becher Getränk zum Munde führte, trank erst die Schlange aus dem selben Becher, jeden Bissen, den er aß, beleckte sie oder biss Stücke davon ab, ach, und dabei roch sie, so wie sie nur den Rachen aufriss, fürchterlich aus dem Halse, dass dem Mann eine Ohnmacht um die andere anstieß, und niemand es in seiner Nähe aushalten konnte.

Wer zu erst von ihm weg lief, das war seine Frau, die doch die meiste Schuld daran trug, dass er die Schlange des Undanks gegen seine betagte Mutter in seinem Herzen getragen, die schlimmer und scheußlicher ist als jener Wurm, den er jetzt am Halse tragen musste, zur quälenden Strafe.

Knecht und Magd liefen auch davon; Hund und Katze wanderten aus; der Vogel im Käfig krepierte; Motten und Mücken starben, die Spinnen machten sich hinweg, die Mäuse entflohen so schnell sie nur konnten; die Wanzen zogen in langen Zügen langsam an den Türpfosten nieder und schlüpften zwischen Türe und Angel hinaus - nicht das armseligste Läuschen bewies dem Undankbaren, von Gottes Strafgericht hart Heimgesuchten noch freudige Anhänglichkeit und Treue - alles, was lebte, floh ihn.

Nur ein Wesen, welches lebte, floh ihn nicht, hielt treu bei ihm aus, und das war seine arme alte Mutter - sie pflegte sein, sie betete zu Gott um Erlösung für ihren undankbaren Sohn, und da diese nicht erfolgte, so griff sie endlich furchtlos mit ihrer zitternden Hand und doch kräftig die drohende, zischende, Zähne zeigende, Gift hauchende Schlange an, und in dem Augenblicke, wie die alte Mutter das tat, fiel die Schlange ab vom Halse des Sohnes und - verschwand.

Der Sohn aber stürzte nieder zu den Füßen seiner Mutter und küsste ihr die Füße und ihres Kleides Saum und weinte heiße Reue Tränen auf die treuen Mutterhände und begann fortan ein neues Leben voll Demut gegen sie, voll Sorgfalt, voll Liebe, voll Gehorsam, voll Zuvorkommenheit, und sie lebte noch lange glücklich mit dem durch ihre starke Mutterliebe ihr und sich selbst geretteten Sohne bis in das höchste Greisenalter.

Ludwig Bechstein

 

1:37 Minuten

Samstag, 23. März 2019

Zum Wochenende ....


ein Märchen aus Mecklenburg.

Der Königssohn

Es war einmal ein Königssohn, der ritt mit seinen Dienern auf die Jagd. Er hatte schon den ganzen Tag gejagt, ohne etwas zu treffen; er war im Begriff, heimzukehren, als eine Ricke ihm aufstieß. Um doch wenigstens etwas nach Hause zu bringen, setzte er ihr nach. Aber immer, wenn er sie nahe genug glaubte, um seinen Speer werfen zu können, war sie ihm wieder entschwunden. Dabei verlor er seine Gefährten ganz, die denn ohne ihn heimkehrten.

Die Ricke lief endlich über eine Brücke, der Königssohn hinter ihr her. Kaum war er hinüber, als die Brücke hinter ihm abbrach, und vor ihm stand statt der Ricke ein altes häßliches Weib, das ihn aufforderte ihr zu folgen. Er mußte ihr gehorchen, er mochte wollen oder nicht.

Sie führte ihn in ein Schloß mitten im Walde, das sie mit ihren drei Töchtern bewohnte. Die beiden ältesten waren so häßlich wie ihre Mutter und ebenso unfreundlich gegen ihn, die jüngste aber hübsch und freundlich. Nach einiger Zeit forderte die Alte ihn auf, ihre älteste Tochter zu heiraten. Dagegen weigerte er sich aber und erbot sich, die Jüngste zu nehmen.

Das wollte jedoch die Alte nicht, und er wurde von ihr und den beiden älteren Schwestern scharf bewacht, damit er nicht entrinne. Er fand aber doch Gelegenheit, der Jüngsten seine Liebe zu gestehen, die sie ihrerseits herzlich erwiderte. Beide beschlossen zu entfliehen.

Im Herbste liefen sie eines Nachts davon. Aber am Morgen setzte ihnen die mittlere Schwester nach. Wie die Jüngste bemerkte, daß sie verfolgt wurden, verwandelte sie sich in einen Rosenstock und ihren Geliebten in eine Rose. Da kehrte die Schwester um und erzählte, sie habe die Flüchtlinge nicht finden können, und zugleich, daß sie mitten im Walde einen Rosenstock gesehen hätte.


Da wurde sie von ihrer Mutter und Schwester gescholten, daß sie den Rosenstock nicht mitgebracht hatte. Nun wurde die älteste Tochter nachgeschickt. Als sie den Verfolgten auf die Spur kam, verwandelte ihre Schwester sich in ein Caroussel und ihren Geliebten in den Besitzer des selben, der in der Mitte sitzend in einem Buche las. Da kehrte die Aelteste um und berichtete, daß sie nichts gefunden und was sie im Walde gesehen.

Nun eilte die Alte ihnen selbst nach. Diesmal verwandelte sich die jüngste Tochter in einen See und den Königssohn in eine Ente, die auf dem See schwamm; vorher aber hatte sie ihn gewarnt, dem Ufer nicht zu nahe zu kommen. Die Alte lockte die Ente mit Brot, und einmal glaubte sie sie so nahe, daß sie mit der Hand darnach griff; da verlor sie aber das Gleichgewicht und fiel ins Wasser und ertrank.

Die beiden Liebenden setzten nun ihren Weg fort und kamen auch glücklich in die Heimat des Königssohns. Vor dem Tor verabredeten sie, die Braut solle noch draußen bleiben, während er hineingehe. Er traf nur seine Mutter noch am Leben, sein Vater war gestorben.


Großer Jubel empfing ihn bei seiner Rückkehr und große Feste wurden veranstaltet, so daß er seine Braut ganz vergaß und ihm zuletzt sein ganzes Erlebnis im Walde wie ein Traum erschien. Die Braut wartete draußen bis an den verabredeten Tag. Als er da nicht kam, verkleidete sie sich und ging ins Schloß, wo sie sich als Kammerzofe verdingte und durch ihre Geschicklichkeit und Bescheidenheit sich bald die Gunst der Königin erwarb.

Es gelang ihr aber nicht, ihren Geliebten zu Gesicht zu bekommen. Da wünschte sie sich eines Tages ein prachtvolles Kleid, auf dem der ganze Sternenhimmel zu sehen war, und weil sie eine Zauberin war, bekam sie es auch. Das zeigte sie der Königin, und diese, ganz entzückt darüber, wollte es ihr abkaufen.

Das Mädchen aber wollte es für Geld nicht hergeben, sondern es ihr schenken unter der Bedingung, daß sie eine Nacht im Schlafgemach des Königs zubringen dürfe. Das gewährte die Königin, sie gab aber ihrem Sohne vorher einen Schlaftrunk, damit er von der Gegenwart der Zofe nichts bemerke.

Das Mädchen suchte ihn durch Weinen und Wimmern, zuletzt durch Schütteln und Rütteln zu erwecken, es gelang ihr aber nicht, sondern er schlief bis zum vollen Tage, wo sie das Zimmer wieder verlassen mußte. Da wünschte sie sich ein prachtvolles Tuch mit Gold und Perlen besetzt, daß es wie die Sonne leuchtete; das zeigte sie wieder der Königin und schenkte es ihr unter der gleichen Bedingung.

Diesmal aber nahm der König den Schlaftrunk nicht, weil ihm einer seiner Diener verraten, was die Königin das vorige Mal getan hatte. Wie nun das Mädchen wieder in seinem Zimmer weinte und wimmerte, erwachte er und erkannte sie wieder. Und nun erkannte er auch, daß, was er im Walde erlebt, kein Traum gewesen war, erinnerte sich seines Versprechens und nahm am anderen Tage das Mädchen zu seiner Frau und beide lebten glücklich miteinander.

Märchen und Legenden aus Meklenburg

Karl Friedrich Adolf Konrad Bartsch 1832–1888 



4:24 Minuten

Freitag, 15. März 2019

Zum Wochenende ....

eine Sage aus Ruhla / Thüringen, wo wir fast eine Heimat gefunden hätten. Wir fanden dort ein sehr schönes Haus aber es wurde leider nichts. So ist das Leben!


Der Schmied in Ruhla

Graf Ludwig, der die Wartburg baute und auch Eisenach, die Stadt, mit Mauern umgab, der Reinhardsbrunn, das Kloster, gründete und in demselben als Mönch büßte, verließ einen Sohn, auch Ludwig geheißen, den machte der Kaiser zum Landgrafen in Thüringen, und der selbe war, da er noch ein Jüngling war, gar gütig und demütig gegen Edle und Unedle und von mildem Wesen; solches ward ihm von seinen Vasallen für Schwäche und Torheit ausgelegt.

Er strafte nicht gern und hörte nicht gerne klagen, hatte zu allen Menschen das beste Vertrauen und wußte nicht, daß die Edeln seine Untertanen schmählich bedrückten und daß Bürger und Bauern von ihnen viel böser Gewalt erleiden mußten, zumal die, so um ihn waren, zu verhindern wußten, daß Beschwerden an den Herrn gelangten.

Da geschah es, daß der junge Landgraf eines Abends auf einem Jagdritt sich im Forste verirrte und in die Nähe des Ortes Ruhla kam, da sah er das helle Feuer einer Waldschmiede durch die Nacht leuchten, ging darauf zu und bat den Schmied um Herberge.

Der Schmied kannte ihn nicht und fragte ihn, wer er sei. Ich bin Eures Herrn, des Landgrafen, Jäger einer. - Pfui des Landgrafen! rief der Schmied und spuckte aus und wischte sich. Wer ihn nennt, muß sein Maul wischen, daß er es nicht verunreint mit dem Namen. Pfui des übelbarmherzigen Kunzenherrn! Um deines Herrn Willen herberge ich dich wahrhaftig nicht! Geh, ziehe nur dein Pferd in den Schoppen, dann komme her und sitze nieder, iß und trink, was da ist, und ruhe auf dem Heu, denn Bettgewand ist hie nicht vorhanden.

Der Landgraf, ganz verwundert ob dieser groben Rede, schwieg ganz still, ging und brachte sein Pferd unter Dach und kam wieder in die Schmiede. Der Schmied kümmerte sich so viel als gar nicht um ihn, schürte sein Feuer, zog den Blasebalg, hitzte und hetzte, glühte sein Eisen, löschte es, glühte wieder und hämmerte und rief bei den Schlägen fort und fort: Landgraf Ludwig, werde hart, werde hart! und schlug mit dem gewichtigen Hammer, daß die Funken stoben, und erzählte alles nach der Schnur her, worüber die Untertanen klagten, und schob alle Schuld und alles Unrecht, was im Lande geschah, auf den Landgrafen und verwünschte und verfluchte ihn in die unterste Hölle.

Er sang das alte Lied von den dünkelvollen Räten, die alles besser wissen, sich und ihre Weisheit für unfehlbar halten, die Fürsten glaubend machen, es stehe alles gut im Lande, und hinterdrein ist es Lug und Trug, und der Aufruhr schlägt in hellen Flammen aus, und alles Unglück, das daraus entsteht, wird hernach den Fürsten in die Schuhe geschoben.

Dem Landgrafen erschrak das Herz im Leibe, als er aus dieser harten Stimme des Schmiedes des Volkes Stimmung gegen sich vernahm, und er nahm sich vor, dem Unfug, den seine Edeln verübten, ein Ende mit Schrecken zu machen. Ganz hart geschmiedet verließ er, nachdem er kein Auge zugetan, die Ruhlaer Waldschmiede, und sein milder Sinn war in einen eisernen verkehrt.

Er nahm die Zügel der Regierung in die eigne Hand und zog sie so straff, daß die edeln Rosse schäumten und knirschten und sich bäumten, aber das Volk atmete freier auf, und ward ihm wohler, denn die ritterlichen Vasallen durften es nicht mehr placken und schinden.



1:56 Minuten

Dienstag, 12. März 2019

Ehrt die Früchte der Natur ....

sie sind ein Gottesgeschenk. Dazu habe ich eine kleine Geschichte für Euch und ein kurzes Video, das man fast nicht glauben kann, in was für einer verrückten Welt wir leben.


Die Kornähren
Es war einmal eine Zeit, aber das ist schon undenklich lange her, da trugen alle Kornhalme, und auch die von anderem Getreide, volle goldgelbe Ähren herab bis auf den Boden; da gab es keine Armut und keine Hungersnot, niemals, und das war die goldene Zeit. Da konnten sich alle Menschen mit Wonne sättigen, und auch die Vögel, die gerne Körner fressen, Hühner und Tauben und andere Vögel, fanden Futter vollauf.

Aber da waren unter den Menschen welche, die waren undankbar und gottvergessen und achteten die schöne werte Gottesgabe, das liebe Getreide, für gar nichts. Da gab es Frauen, die nahmen, wenn ihre kleinen Kinder sich verunreinigt hatten, die vollen Ährenbüschel und reinigten damit ihre Kinder und warfen die Ähren auf den Mist; und die Mägde scheuerten mit den vollen Ähren, und die Buben und kleine Mädchen jagten sich durch das liebe Korn, spielten Verstecken darin, wälzten sich darauf herum und zertraten es.

Das jammerte den lieben Gott, der das Getreide den Menschen zur Nahrung gegeben hatte und dem Vieh zum Futter und nicht zum Verderben, und dachte bei sich, wir wollen es anders machen und die goldne Zeit soll ein Ende haben.

Und da schuf der liebe Gott, daß hinfort jeder Halm nur eine einzige Ähre trug, einmal für die Menschen, damit sie das liebe Getreide besser schonen lernten, und einmal für die unschuldigen Tiere, damit sie doch noch ihr Futter haben sollten, wenn auch die Menschen nicht einmal die eine Ähre wert wären.

Von da an ist Hunger und Teuerung und Armut in die Welt gekommen. Nur zuweilen und selten läßt der liebe Gott da oder dort einen Wunderhalm mit vielen, vielen Ähren emporschießen und zeigt so dem Menschen, wie es einst beschaffen war um das Getreide und was Er kann.

Und es geht eine alte Prophezeiung unter dem Volke, daß einmal nach langen Jahren, wenn das Engelwort sich erfüllt haben wird: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und unter allen Menschen Wohlwollen, Segnung und Liebe, daß dann der Boden auch wieder von Gott erweckt werden solle, solche Halme zu tragen, die bis zur Wurzel voll Ähren sind. Unser keiner aber wird das erleben.

Ludwig Bechstein



1:21 Minuten

Sonntag, 10. März 2019

Julin ....


Da, wo heute Wollin, die Stadt am breiten Dievenowstrome, liegt, der das Große Haff mit der Ostsee verbindet, hat vorzeiten auch gar eine große, Geld- und Volkreiche Stadt gelegen, die hieß Julin.

Sie hob sich absonderlich zur Blüte nach dem Untergange der Stadt Vineta, und aller Handel zog sich nach ihr. Julin führte Kriege auf eigne Hand mit dem Dänenkönig Suen Otto, der mächtig war, und dreimal machten die Krieger Julins diesen König zum Gefangenen.

Das erste Mal mußte er so viel Silber zu seiner Lösung geben, als er schwer war, das Geld gab die königliche Kammer her. Das zweite Mal mußte der König so viel Silbers zur Lösung geben, als er in seiner schweren Rüstung wog. Da hatte die Kammer kein Geld mehr, und es mußten königliche Krongüter verkauft und verpfändet werden.

Da sich aber der König Suen Otto zum dritten Mal unterfing, gegen Julin zu streiten, und zum dritten Mal Gefangener wurde, da verlangten die zu Julin eine schwerere Lösung, nämlich des Königs Schwere in Gold. Da war nun guter Rat teuer, denn die Kammer hatte kein Geld, und die Krongüter lagen in Pfandschaft.

Da haben alle begüterten Frauen Dänemarks ihren reichen Goldschmuck zusammengetan, und er hat hingereicht, den König zu lösen, dafür zum Danke gab König Suen Otto ein Gesetz, daß jede Frau Erbrecht haben solle auf ein Dritteil des Nachlasses ihres Gatten ohne Gefährde, da früher ihnen nur gar ein geringer Teil vergönnt war.

Als die Stadt Julin vom heidnischen Glauben zum christlichen Glauben übertrat, meldeten sich bei dem Bischof Otto auf einmal zweiundzwanzigtausend Einwohner zur Taufe an. Hernachmals aber ist das Volk von Julin wieder gottlos geworden, hat Christum verleugnet und ist in die heidnischen Greuel zurückgefallen, hat einen alten Götzen wieder hervorgesucht und ihm Feste gefeiert.

Da hat Gott der Herr sich erzürnt und Feuer niederregnen lassen, wie auf Sodom und Gomorrha, und Julin von Grund aus verbrannt und nicht gelitten, daß sich durch neuen Bau die Stadt wieder erhole und aufrichte.

Endlich kam auch noch im Jahre 1170 der Dänenkönig Waldemar durch die Dievenow mit einer großen Flotte, plünderte den Rest der Stadt und verbrannte, was von ihr wieder neu gebaut war, abermals. Da ward Julin verlassen, und seine Stätte blieb auf immer öde, und die wenigen Flüchtigen, die dem Verderben entrannen, erbauten die Stadt Wollin in der Nähe des alten Julin, die es nie zu hohem Flor hat bringen können.

Noch eine blühende Stadt, welche Julins Schicksal ein Jahrhundert früher teilte, war Jomsburg. Es war rund um einen schönen Binnensee gebaut, ganz nahe dem Jaminschen See, jener ist jetzt ein Sumpf und heißt die Müsse.



2:01 Minuten

Dienstag, 5. März 2019

Das versunkene Hela ....


Von Danzig und der Weichselmündung gerade nordwärts liegt auf der äußersten Spitze der Landzunge, die das Putziger Wiek von der Ostsee scheidet, ein kleines Städtchen, das führt den Namen Hela. Selbiges ist ein trauriger und düsterer Name, denn Hela hieß die Todesgöttin in dem skandinavischen Mythus, ein Begriff der Erstarrung, der Kälte und des Reiches unter der Erde, und es wollen manche, dass von diesem Namen sogar das deutsche Wort Hölle abstamme.

Aber da, wo jetzt Hela liegt, und insonderheit einige tausend Schritte hin am äußersten Oststrand, war vorzeiten keine Hölle, sondern eitel irdischer Glanz und Helle, aber das ist freilich schon viele hundert Jahre her, da stand dort eine reiche, große und prächtige Stadt, belebt vom Handel und Wandel, besucht von allen Völkern des Morgen- und Abendlandes, gleich Stavoren und Vineta und Julin; aber wie es in diesen blühenden Städten ging, also ging es auch in Hela, der wachsende Reichtum machte die Menschen gottvergessen.

Aber es steht geschrieben: Wer sich auf seinen Reichtum verlässt, der wird untergehen – und Hela ist untergegangen mitten in seinen Sünden. Es soll dieser Untergang durch die brausende Meeresflut in einer Nacht vom ersten zum zweiten Pfingsttage geschehen sein, weil es dahin gediehen war, dass der Handels- und Betriebsgeist keines Sonn- und Feiertags mehr achtete und Werkeltage aus ihnen machte, wohin auch die Neuzeit wieder steuert, die dem armen arbeitenden Volke seinen Sonntag nimmt – und nur an diesem hohen Festtage kann zuzeiten bei ruhiger See das meerverschlungene Hela erblickt werden.

Und da sieht man in den reichen Straßen die Bewohner geschäftig wandeln in ihrer Prunktracht und Verkehr treiben und kann die Uhren schlagen hören und die Glocken läuten, aber in die Kirchen sieht man niemand gehen, weil das die Leute verlernt hatten über dem Jagen nach dem Mammon.

Wenn der erste Pfingsttag still war und den Hinabblick nach Hela vergönnte, erhebt mit Sonnenuntergang sich der Nordostwind und wühlt das Meer auf, als solle sich der alte Pfingststurm erneuern, und als wolle er gar die ganze Landzunge verschlingen.

Da eilen Schiffer und Fischer, Fahrzeuge und Nachen zu bergen und den sichern Strand zu gewinnen, denn furchtbar toben an diesem nordöstlichen Strande der Ostsee empörte Wogen.



1:54 Minuten

Samstag, 23. Februar 2019

Das Kätzchen und die Stricknadeln ....


Es war einmal eine arme Frau, die in den Wald ging, um Holz zu lesen. Als sie mit ihrer Last auf dem Heimweg war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter einem Zaun liegen. Es wimmerte gar kläglich, und die arme Frau nahm es mitleidig in ihre Schürze. Auf dem weiteren Weg nach Hause gesellten sich ihre beiden Kinder zu ihr.

Als sie sahen, dass die Mutter etwas trug, fragten sie: "Mutter, was hast du da?" Gleich wollten sie das Kätzchen haben, doch die Mutter gab es ihnen nicht. Sie sorgte sich, dass das Spiel der Kinder dem erschöpften Kätzchen Schaden zufügen könne. Zu Hause angekommen legte die Mutter das Kätzchen auf alte weiche Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Als das Kätzchen sich gelabt hatte und wieder gesund war, machte es sich mit einem Male auf und davon.

Unser Findelkätzchen Lilofee

Eines Tages ging die arme Frau wieder in den Wald. Als sie mit ihrer Bürde Holz an die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da stand eine vornehme Dame dort. Sie winkte die arme Frau zu sich und warf ihr fünf Stricknadeln in die Schürze. Die Frau wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. Auch schien ihr diese absonderliche Gabe etwas zu gering. Doch am Abend legte sie die fünf Stricknadeln noch auf den Tisch, bevor sie müde auf das Nachtlager sank.

Als die Mutter dann am nächsten Morgen erwachte, lagen fertig gestrickte Strümpfe auf dem Tisch. Das wunderte die arme Frau über alle Maßen, also legte sie die Nadeln am nächsten Abend wieder auf den Tisch. Und am Morgen darauf lagen wieder neue Strümpfe da. Da erkannte die Mutter, dass die fleißigen Nadeln eine Belohnung waren, weil sie sich um das kranke Kätzchen gesorgt hatte.

Von nun an ließ sie die Nadeln jede Nacht stricken, bis sie und ihre Kinder genügend Strümpfe für das ganze Jahr hatten. Dann verkaufte sie auch noch Strümpfe, was ihr ein guten Lebensunterhalt bescherte. So lebte sie bescheiden und glücklich bis an ihr seliges Ende.

Ludwig Bechstein



1:43 Minuten

Dienstag, 19. Februar 2019

Die Fabel von der durstigen Krähe ....


Eine durstige Krähe fand einen Wasserkrug; doch war nur so wenig Wasser darin, dass sie es mit ihrem Schnabel nicht zu erreichen vermochte. Sie versuchte, den Krug umzuwerfen; aber dazu war sie zu schwach. Da suchte sie nach einer List, wie sie es dahin brächte, dass sie dennoch aus dem Kruge trinken möchte. Zuletzt nahm sie kleine Steinchen und warf deren so viele in den Krug, dass das Wasser immer höher emporstieg, bis sie es endlich erreichen und ihren Durst löschen konnte.

Heinrich Steinhöwel

 

1:43 Minuten

Mittwoch, 13. Februar 2019

Der Arme und das Glück ....


Ein armer Mann, verseh'n zum Graben, wollt' jetzt ein besser Schicksal haben und rief das Glück um Beistand an.

Das Glück erhörte sein Verlangen.

Er fand, indem er grub, zwei starke gold'ne Stangen; allein der ungeschickte Mann sah sie für altes Messing an und gab für wenig Geld den Reichtum aus den Händen, fuhr fort und bat das Glück, doch mehr ihm zuzuwenden.

»Oh Tor!« rief ihm die Gottheit zu, »was quälst du mich, dich zu beglücken? Wer wäre glücklicher als du, wenn du gewusst, dich in dein Glück zu schicken?«

Du wünschest dir mit Angst ein Glück und klagst, dass dir noch keins erschienen. Klag' nicht, es kömmt gewiss ein günst'ger Augenblick; allein, bitt' um Verstand, dich seiner zu bedienen, denn dieses ist das größte Glück.

Eine Fabel von Christian Fürchtegott Gellert



47 Sekunden

Samstag, 9. Februar 2019

Schneeglöckchen ....

An einem Fenster eines Königspalastes saß einmal ein junger Königssohn, der schaute in den Garten hinaus, und der Mond brach eben durch die Wolken und erleuchtete mit mildem Glanze die königlichen Gärten, die der Schnee mit weißem glänzenden Kleide gedeckt hatte; denn es war im Februar. Der Königssohn aber war sehr betrübt, und seine Thränen fielen in den Garten herab, und schmolzen den Schnee. Dann nahm er eine Laute, stellte sich an's offene Fenster, und sang zu dem Klange der Saiten:

Wo find' ich das Glöckchen silberweiß,
Das dem silbernen Boden entsprieße?
Wo find' ich euch Thränen so freudig und heiß,
Daß das Silber zum Bächlein zerfließe?
Und find' ich euch nicht in schneller Frist,
Um das Schwesterlein dann es geschehen ist.

Diese Worte hatte aber der Sohn des königlichen Gärtners gehört, der eben auch zu seinem kleinen Fenster in den Mondschein hinaus sah. "Was soll denn das eigentlich heißen?" dachte er bei sich. "Warum ist denn unser guter Königssohn so sehr betrübt? Das muß ich wissen, vielleicht kann ich ihm helfen; in dem Schlosse sehe ich noch ein Lichtchen brennen."


Er schlich sich also zu dem Lichtchen hin, da wohnte der Pförtner, der die Gartenthüre bewachte. Er klopfte leise an dem Fensterchen, und der Pförtner rief: "Wer kommt denn da noch so spät an's Schloß?" "Macht mir ein wenig auf," sagte der Gärtnerssohn, "ich habe etwas mit euch zu reden." Da kam der Pförtner heraus mit einem großen Bund Schlüsseln, und schloß auf und schob die schweren Riegel zurück. Als sie aber in dem Pförtnersstübchen saßen am warmen Kamine, da sagte der Gärtnerssohn: "Sagt mir doch, was fehlt unserm jungen Königssohne? Ich habe eben im Mondschein gesehen, wie er geweint hat, und er hat etwas gesungen, was ich nicht habe verstehen können."

"Das will ich dir sagen, mein Sohn," sagte der Alte. Der junge Königssohn hat seine Schwester sehr lieb; diese ist aber seit einigen Tagen krank, und kein Mensch kann ihr helfen, so viel Aerzte man auch gerufen hat. In der verflossenen Nacht aber hat die Königstochter einen seltsamen Traum gehabt. Sie träumte nämlich, man hätte ihr ein silbernes Glöckchen gebracht, das war auf einem silbernen Boden gewachsen. Da hätte ihr Bruder vor Freude geweint, und seine Thränen hätten das Silber geschmolzen, und es sey in einem silbernen Bächlein auf den Boden gelaufen, davon sey sie gesund geworden.

Diesen Traum hat sie ihrem Bruder, dem Königssohn erzählt; aber er weiß das silberne Glöckchen nicht zu finden. Nach allen Ländern hat er Boten ausgesandt, aber er glaubt nicht, daß ihm einer das Verlangte bringen wird, und wenn es lange dauert, so stirbt die Königstochter gewiß, denn sie wird jeden Tag kränker. Darum ist der Königssohn so betrübt."


"Ich hab' es gefunden", rief der Gärtnerssohn auf einmal in freudiger Bewegung; denn er stand eben im Garten und sah, wie der Mond ein Schneeglöckchen beleuchtete, das unter dem Schnee hervor gewachsen war, und glänzender Reif hatte es überzogen, und es sah aus wie Silber, mit Diamanten besetzt. Da lief er hin, und holte eine Grabscheit, und grub es mit dem Schnee heraus, und setzte es in ein Körbchen. Er lief aber alsbald damit zum Schloß hinein.

Die Königstochter war aber sehr krank, und der Königssohn saß vor ihrem Bette, und ihr Vater und ihre Mutter erwarteten jeden Augenblick, daß sie sterben würde. Da trat der Gärtnerssohn mit dem Schneeglöckchen herein. Kaum aber hatte ihn die Königstochter erblickt, so rief sie: "das ist das silberne Glöckchen, das ich im Traume gesehen habe; jetzt bin ich gesund." "Gib es her,« sagte der Königssohn, daß ich es sehe." Da nahm er es in seine Hand, und wie er es so betrachtete, fielen seine Thränen herab auf den Schnee, daß er schmolz, und in einem glänzenden Bächlein auf den Boden tröpfelte.

Da stand aber der alte König und die Königin auf, und der König sagte zu dem Gärtnerssohne: "Ich habe meine Tochter demjenigen zur ehelichen Gemahlin versprochen, der ihr das Silberglöckchen bringen würde. Sie soll dein seyn."

J. J. Rudolphi (eigentlich Johann Jakob Rutz, 1800-1851)
Aus dem Märchen: Schneeglöckchen, Kapitel 4



1:14 Minuten

Freitag, 8. Februar 2019

Die Fabel vom unzufriedenen Sperling ....

Ein Sperling hatte ein Stückchen alter Brotrinde erhascht und flog damit auf das Gesimse eines Hauses dicht an ein offenes Fenster heran. Da gewahrte er in einem Käfig, welcher auf dem Brette desselben stand, einen Kanarienvogel. Dieser hüpfte bald zur Rechten, wo zwischen den Drähten ein Zwieback steckte, dann zur Linken nach einem Apfelschnitt und ließ sich die Leckerbissen munden. Mit Neid schaute der Spatz auf den Begünstigten. »Ich muss mich mit einer so elenden, schmutzigen, gemeinen Rinde begnügen, und dieser Kerl schwelgt in allen Genüssen!« Er ließ die Brotrinde fallen und schalt weiter. »Nein, da will ich lieber hungern, als diese ekelhafte Speise genießen.« Aber das Bedürfnis nach Nahrung war doch zu stark, er nahm einen Schnabel voll, schielte aber dabei gierig nach dem Zwieback und schimpfte innerlich weiter.


»Das ist eine schlechte Fabel«, denkst Du, mein Leser, »so töricht ist doch ein Tier nicht, dass es sich den Genuß dessen, was es besitzt, durch Neid auf fremden Besitz vergiftet.« Du hast recht, vollkommen recht. So töricht können ja nur Menschen sein.

Verfasser unbekannt

 

1:32 Minuten

Freitag, 1. Februar 2019

Netzfund ....


Wer sich über mich ärgert, sollte immer bedenken, welch unsagbar schlimme Kindheit ich hatte.

Ich hatte kein Handy (nicht nur nicht das neueste Modell, sondern gar keins) und auch kein Internet. Zur Schule und zurück musste ich mit dem Bus fahren, zu dem ich auch noch erst zu Fuß hingehen musste. Ich wurde nicht tagtäglich mit dem Auto bis direkt vor mein Klassenzimmer gefahren und mittags dort auch wieder abgeholt. Meine Eltern haben es wohl nicht eingesehen, dass 2 Tonnen Auto für den Transport eines Kindes zur Schule in Bewegung gesetzt werden müssen, wenn da ohnehin ein Bus fährt.

Oder es lag daran, dass wir in unserer ganzen Armut nur ein Auto hatten, mit dem mein Vater zur Arbeit gefahren ist? Außerdem gab es vor der Schule auch nur einen Busparkplatz und keine 300 Stellplätze für in SUVs auf ihre Kinder wartenden Helikoptermütter. Dies habe ich wohl nur mit viel Glück überlebt.

Zum Spielen stand uns kein zehnfach TÜV-geprüfter Spielplatz zur Verfügung, wo unter der Schaukel eine Gummidämmmatte lag, damit wir uns auch ja nicht zu Tode stürzten, wenn wir zu blöd zum Schaukeln waren. Wir mussten auf dem Bolzplatz oder auf dem Dorfplatz kicken, wir spielten im Feld zwischen Kühen, Stacheldrähten und Hecken, kletterten auf ungesicherte Bäume, schnitzten Dinge mit einem aus der Küchenschublade gemopsten Messer und liefen durch den Bach. Und wenn wir dabei auf die Schnauze flogen, dann heilte das meist von selbst, ohne dass man uns in Sagrotan oder sonstwas badete und sofort wegen jedem Fliegenschiss zum Arzt schleppte.

Wir waren so arm, wir konnten uns nicht mal eine Laktoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit leisten, geschweige denn einen Doppelnamen wie Jeremy Pascal oder Finn Torben. Einen Namensaufkleber des Nachwuchses auf der Heckscheibe des Autos gab es nicht, nur einen schwarz-weißen mit einem “D“ drauf.

Unsere Eltern mussten uns in der ganzen Not noch ohne Hilfsmittel mit Namen kennen. Das ging aber auch, denn sie sahen uns ja auch häufig genug, weil es keine Ganztagsbetreuung in der Schule gab und wir nicht nur zum Abendessen und Schlafen zuhause bei ihnen waren.

Wir sind auch nicht 3 Mal im Jahr in den Urlaub geflogen, hatten weder Playstation, noch Wii und haben uns auch nicht per Whatsapp oder Instagram verabredet, sondern wussten noch, wie man ein Telefon oder eine Klingel betätigt. Und dann haben wir uns Dosentelefone gebastelt.

Wir waren tatsächlich sogar so arm dran, dass wir uns unsere Drachen selbst gebastelt haben, denn es gab ja keine handygesteuerte Drohne im Geschenkekorb von Teddy Toys.

Es gab auch keine 300 € Taschengeld und so haben wir Pfandflaschen gesammelt und abgegeben und uns dann hochgiftige Gummibärchen mit jeder Menge “E“s und echter Gelantine gekauft oder so viele Brausebonbons, bis uns die Dinger aus dem Allerwertesten schäumten. Es gab auch kein Magnum, sondern Flutschfinger und Nogger und Cornetto war das größte Eis von allen.

Selbst die Ernährung von uns Kindern mussten in diesen Notzeiten unsere Eltern noch selbst übernehmen. Da gab es haufenweise Mütter, die das historisch-überholte Ritual des Kochens noch beherrschten und auch durchführten! Dass wir das alles einigermaßen überstanden haben, grenzt schon an ein Wunder und dass unsere Eltern dafür nicht in den Knast kamen, noch mehr.

Heute ist das alles zum Glück ja gar nicht mehr vorstellbar. Wo kämen wir denn da auch hin?

Aber wer so aufwächst, der muss auch zwangsläufig einen Schaden davontragen. Also habt Nachsicht mit mir. Ich bin ja schon froh, dass ich bei all diesen unsäglichen Misständen nicht gleich gestorben bin!



1:25 Minuten

Dienstag, 29. Januar 2019

Eine Fabel ....


Ein Reisender kam einst an einen Fluss, den, wollt' er nicht der Reise Zweck verlieren, musst' er durchaus mit seinem Ross passieren; doch dazu fehlt es ihm an mutigem Entschluss.

»Wer«, rief er, »kann dem Wasser trauen, das keine Balken hat? Kann man nicht Brücken bauen? 0h, dass ich niemand hier zu Rate ziehen kann, ob nichts zu fürchten ist!« - Zum Glücke kam ein Mann. »Freund«, rief er ihm, »würd' Er Bedenken tragen, sich hier in diesen Strom zu wagen?«

»Kein's, hätt' ich vollends so ein Tier, als wie der Herr, noch unter mir. So ritt ich, glaub' ich, durch die Hölle.«

»Es scheint mir gleichwohl manche Stelle nicht gar so flach und seicht.«

»Es könnte sein«, antwortete der Schalk, »vielleicht, vielleicht auch nicht. Nun wohl denn, eine Bitte und Trinkgeld, wenn Er erst vor mir hinüber ritte und zeigte mir den sichern Pfad.«

»Sehr gern, mein Herr, dazu wird Rat.«

Der Reisende steigt schnell von seinem Gaul herab, der andere hinauf, setzt dann in vollem Trab den Strom hindurch und weiter ....

»Was Teufel! Herr! Wohin?« ruft ihm der erste Reiter voll Schrecken nach: »Gemach, mein Freund, gemach!« Allein, es hilft kein Schreien, Drohn und Ach, und ohne sich an sein Geschrei zu kehren, jagt er noch mehr, hört oder will nicht hören.

Doch nein, jetzt lenkt er um und kommt, oh welches Glück, ganz langsam an den Strand zurück.

»Er Schalk!«, ruft jener, »mir so viele Angst zu machen! Nur her mein Pferd! Dann will ich seinen Spaß belachen.« »Ein Spaß?« versetzt der Dieb: »Nein! mir behagt dies Pferd! Doch scheint es mir zum Dank noch einer Lehre wert: bei einem wichtigen Geschäfte versuch' Er künftig fein erst seine eignen Kräfte, bevor Er fremde borgt, und trau' Er dem ja nicht, der zu gefällig dient und, was man will, verspricht. Hab' ich ein eignes Pferd und will ein Ziel erjagen, warum soll seinen Hals für mich ein andrer wagen?«

Christian Felix Weisse

 

5:38 Minuten

Mittwoch, 23. Januar 2019

Eine Fabel ....

mit Lerneffekt.


Der Geist des Salomo

Ein ehrlicher Greis trug des Tages Last und Hitze, sein Feld mit eigener Hand zu pflügen und mit eigener Hand den reinen Samen in den lockeren Schoß der willigen Erde zu streuen.

Auf einmal stand, unter dem breiten Schatten einer Linde, eine göttliche Erscheinung vor ihm da! Der Greis stutzte.

»Ich bin Salomo,« sagte mit vertraulicher Stimme das Phantom. »Was machst du hier, Alter?«

»Wenn du Salomo bist,« versetzte der Alte, »wie kannst du fragen? Du schicktest mich in meiner Jugend zu der Ameise; ich sah ihren Wandel und lernte von ihr fleißig sein und sammeln. Was ich da lernte, das tue ich noch.«

»Du hast deine Lektion nur halb gelernt,« versetzte der Geist. »Geh noch einmal hin zur Ameise, und lerne nun auch von ihr in dem Winter deiner Jahre ruhen und des Gesammelten genießen.«

Gotthold Ephraim Lessing



1:50 Minuten

Sonntag, 20. Januar 2019

Eine Fabel zum Sonntag ....


Der Besitzer des Bogens

Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Ebenholz, mit dem er sehr weit und sicher schoss, und den er ungemein wert hielt. Einst aber, als er ihn aufmerksam betrachtete, sprach er: »Ein wenig zu plump bist du doch! Alle deine Zierde ist die Glätte. Schade!«

»Doch dem ist abzuhelfen!« fiel ihm ein. »Ich will hingehen und den besten Künstler Bilder in den Bogen schnitzen lassen.« - Er ging hin; und der Künstler schnitzte eine ganze Jagd auf den Bogen; und was hätte sich besser auf einen Bogen geschickt als eine Jagd?

Der Mann war voller Freude. »Du verdienst diese Zierraten, mein lieber Bogen!« - Indem will er ihn versuchen; er spannt, und der Bogen zerbricht.

Gotthold Ephraim Lessing   

Fabel aus Europa - Mitteleuropa - Deutschland




4:05 Minuten

Freitag, 11. Januar 2019

Zum Wochenende ....

habe ich ein altes Volksmärchen aus Schwaben für Euch.


Der Räuber und die Haustiere

Es war einmal ein Müllerknecht, der hatte seinem Herrn schon viele Jahre lang treu und fleißig gedient und war alt geworden in der Mühle, also, daß die schwere Arbeit, die er hier zu verrichten hatte, endlich über seine Kräfte ging. Da sprach er eines Morgens zu seinem Herrn:

»Ich kann dir nicht länger dienen, ich bin zu schwach; entlaß' mich deshalb und gib mir meinen Lohn !« Der Müller sagte: » Jetzt ist nicht die Wanderzeit der Knechte; übrigens kannst du gehen, wenn du willst, aber Lohn bekommst du nicht.« Da wollte der alte Knecht lieber seinen Lohn fahren lassen, als sich noch länger in der Mühle so abzuquälen und verabschiedete sich von seinem Herrn.

Ehe er aber das Haus verließ, ging er noch zu den Tieren, die er bis dahin gefüttert und gepflegt hatte, um ihnen Lebewohl zu sagen. Als er nun zuerst von dem Pferd Abschied nahm, sprach es zu ihm: »Wo willst du denn hin?«

»Ich muß fort«, sagte er, »ich kann's hier nicht länger aushalten.« Und wie er dann weiter ging, so folgte das Pferd ihm nach. Darauf begab er sich zu dem Ochsen, streichelte ihn noch einmal und sprach: » Jetzt behüt' dich Gott, Alter!« -» Wo willst du denn hin ?« sprach der Ochs.


»Ach, ich muß fort. Ich kann's hier nicht länger aushalten«, sagte der Müllerknecht und ging traurig fort, um auch noch von dem Hund Abschied zu nehmen. Der Ochs aber zog hinter ihm her, wie das Pferd, und ebenso machten es die übrigen Haustiere, denen er adieu sagte, nämlich der Hund, der Hahn, die Katze und die Gans.

Als er nun draußen im Freien war und sah, daß die treuen Tiere ihm nachzogen, redete er ihnen freundlich zu, daß sie doch wieder umkehren und daheim bleiben möchten. »Ich habe jetzt selber nichts«, sprach er, »und kann für euch nicht mehr sorgen.« Allein die Tiere erklärten ihm, daß sie ihn nicht verlassen würden und zogen vergnügt hinter ihm drein.

Da kamen sie nach etlichen Tagen in einen großen, großen Wald. Das Pferd und der Ochs fanden hier gutes Gras; auch die Gans und der Hahn ließen sich's schmecken; die anderen Tiere aber, die Katze und der Hund, die mußten Hunger leiden wie der alte Müllerknecht, und knurrten und murrten nicht darüber.


Endlich, als sie ganz tief in den Wald hinein gekommen waren, sahen sie auf einmal ein schönes großes Haus vor sich stehen; das war aber fest zugeschlossen; nur ein Stall stand offen und war leer, und von hier aus konnte man durch eine Scheuer in das Haus kommen.

Weil nun niemand in dem Hause zu sehen war, so beschloß der Knecht, mit seinen Tieren da selbst zu bleiben und wies einem jeden seinen Platz an. Das Pferd stellte er vorn in den Stall, den Ochsen führte er an die andere Seite; der Hahn bekam seinen Platz auf dem Dach, der Hund auf dem Mist, die Katze auf dem Feuerherd, die Gans hinterm Ofen.

Dann reichte er jedem sein Futter, das er in dem Haus reichlich vorfand, und er selbst aß und trank, was er mochte und legte sich dann schlafen in ein gutes Bett, das in der Kammer fertig da stand.


Als es nun schon Nacht war und er fest schlief, kam der Räuber, dem dies Waldhaus gehörte, zurück. Wie der aber in den Hof trat, sprang sogleich der Hund wie wütend auf ihn los und bellte ihn an; dann schrie der Hahn vom Dache herunter: »Kikeriki! Kikeriki!« daß es dem Räuber angst und bange wurde; denn er hatte in seinem Leben noch keine Haustiere gesehen, die mit dem Menschen zusammenleben, sondern kannte bloß die wilden Tiere des Waldes.

Deshalb nahm er Reißaus und sprang eilig in den Stall, aber da schlug das Pferd hinten aus und traf ihn an die Seite, daß er taumelte und sich nur mit Mühe noch in die hintere Seite des Stalles flüchten konnte. Kaum aber war er hier angekommen, so drehte sich auch schon der Ochse um und wollte ihn auf seine Hörner nehmen.

Da bekam er einen neuen Schrecken und lief, was er konnte, durch die Scheuer hindurch und dann in die Küche, um ein Licht anzuzünden und zu sehen, was da los sei. Wie er nun auf dem Herd herumtastete und die Katze anrührte, fuhr die auf ihn los und kratzte ihn dermaßen, daß er Hals über Kopf davon sprang und sich eben in der Stube hinter den Ofen verkriechen wollte.


Da wachte aber die Gans auf und schrie und schlug mit den Flügeln, daß es dem Räuber Höllenangst wurde und er sich in die Kammer flüchtete. Da schnarchte nun der alte Müllerknecht in dem Bette so kräftig, wie ein schnurrendes Spinnrad, daß der Räuber meinte, die ganze Kammer sei mit fremden Leuten angefüllt.

Da überfiel ihn ein arges Grauen und Grausen, und er lief schnell zum Hause hinaus und rannte in den Wald hinein, und stand nicht eher still, als bis er seine Raubgesellen gefunden hatte.

Da fing er nun an zu erzählen: »Ich weiß nicht, was mit unserm Hause vorgegangen ist; es wohnt ein ganz fremdes Volk darin. Als ich in den Hof trat, sprang ein großer wilder Mann auf mich zu und schalt und brüllte so grimmig, daß ich dachte, er würde mich umbringen. Ein anderer reizte ihn noch auf und rief vom Dache herunter: >Gib'm au für mi! gib'm au für mi !<


Da mir's der erste schon arg genug machte, so wollte ich nicht warten, bis ihrer etwa mehrere über mich her fielen und flüchtete mich in den Stall. Aber da hat ein Schuster mir einen Leisten an die Seite geworfen, daß ich's noch spüre; und als ich dann hinten in den Stall kam, stand da ein Gabelmacher und wollte mich mit seiner Gabel aufspießen.

Und als ich in die Küche kam, saß da ein Hechelmacher und schlug mir seine Hechel in die Hand; und als ich in die Stube sprang und mich hinterm Ofen versteckten wollte, da schlug mich ein Schaufelmacher mit seiner Schaufel; als ich aber endlich in die Kammer lief, da schnarchten darin noch so viele andere, daß ich nur froh sein mußte, als ich lebendig wieder draußen war. «


Als die Räuber dies hörten, entsetzten sich alle so sehr, daß keiner Lust hatte, in das Haus zu gehen. Nein, sie meinten, die ganze Umgegend sei durch dies fremde Volk unsicher geworden und zogen noch in selbiger Nacht fort, weit weg in ein anderes Land und sind nie wieder gekommen.

Da lebte nun der Müllerknecht mit seinen treuen Tieren in Ruh' und Frieden in dem Haus der Räuber, und brauchte sich nicht mehr zu plagen in seinen alten Tagen, denn der schöne Garten neben dem Hause trug ihm jährlich mehr Obst, Gemüse und allerlei Nahrung, als er und seine Tiere verzehren konnten.



2:24 Minuten - So manipulieren die Medien!

Samstag, 5. Januar 2019

Die letzte Rauhnacht ....

ist die Nacht vom 04.01. auf den 05.01. und sie steht für den Monat Dezember. Das nur, weil gerade jetzt diese Nacht ist.

Dazu habe ich eine kleine Sage entdeckt, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.


Die Taube in den Zwölften

In den Zwölften hört man bei Nacht oft ein wunderbares Rauschen in der Luft. Dann freuen sich die Landleute; denn sie wissen dass ein fruchtbares Jahr folgt, und dass noch außerdem Manchem von ihnen ein unverhofftes Glück begegnen wird. Dann nämlich fliegt eine Frau, die nur in den Zwölften auf Erden erscheint, in Gestalt einer Taube durch die Luft.

Die Taube ist nicht größer als gewöhnliche Tauben; doch wenn sie die kleinen Flügel schlägt, saust die Luft weit hinter ihr her, dass man es wohl eine Viertelmeile weit hört. An ihren Füßchen schleppt die Taube ein kleines, niedliches Stühlchen, aus feinem Rohrschilf geflochten, und wenn sie müde wird, stellt sie das Stühlchen auf den Boden, setzt sich darauf und ruht aus: die Erde oder was zur Erde gehört berührt sie nie.

Wo sie sich nun so niedergelassen hat, da grünt und blüht es im folgenden Sommer am Schönsten; überall aber, wo sie vorüberzieht, werden die Felder fruchtbar und die Menschen mit vielfachem Glücke gesegnet. Am Morgen des Dreikönigstages wird die Taube wieder zur Frau; doch verschwindet diese alsbald und wird das ganze Jahr nicht gesehen. Wo sie sich das Jahr über aufhält und wer sie ist weiß Niemand.

Aus dem Buch "Sagen Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen"



5:23 Minuten

Mittwoch, 2. Januar 2019

Die Erdgeister in Greifswald ....

In der Stadt Greifswald hielten sich in früheren Zeiten viele unterirdische Erdgeister auf. Die Leute nannten sie nur „die Zwerge.“ Sie hüteten alles Gold und Silber und alle Edelsteine, die in der Erde verborgen liegen. Überwiegend waren sie gutartig und halfen den Menschen. Manchmal raubten sie hübsche Menschenkinder und legten stattdessen ihre hässlichen Wechselbälger in die Wiegen. Oft verliebten sie sich auch in schöne Mädchen und wollten sie heiraten.


Der Eingang zu ihren unterirdischen Wohnungen war meistens an einem schmutzigen Ort, zum Beispiel im Abfluss unter dem Spülbecken oder bei einem Gully. Tagsüber krochen sie in Gestalt von Fröschen oder anderem hässlichem Ungeziefer umher, Nachts aber zeigten sie sich in ihrer eigentlichen Gestalt. Besonders gerne tanzten sie im Mondschein und waren dann vergnügt und lustig. Man erzählte sich viele sonderbare Geschichten von diesen Erdgeistern.

So war einmal eine Frau, die verwünschte eines Abends zu später Stunde ihr Kind, weil es nicht aufhörte zu schreien und die Frau deshalb nicht einschlafen konnte. Da ging plötzlich leise und geschwind die Tür auf und ein Zwerg schlich herein, der riss ihr schnell das Kind vom Schoß und lief damit fort. Die Frau hat ihr Kind niemals wiedergesehen.

Ein andermal kam zu einer Köchin eine große Kröte in die Küche. Die Köchin nahm eine Kohlenschaufel um das Tier totzuschlagen, aber dieses kroch geschwind in einen Ausguss und rettete so mit knapper Not sein Leben. Nicht lange danach wurde die Köchin von den Zwergen als Taufpatin eingeladen und Nachts durch einen Gang unter dem Backtrog in die Erde geführt.


Sie musste viele Treppen hinabsteigen, bis sie in das Zimmer der Mutter mit dem Neugeborenen kam. Hier war alles aus Gold und Silber und die Zwergenfrau selbst war über und über mit Juwelen behängt. Nachdem das Kind getauft war, setzte man sich zu Tisch.

Der war gedeckt mit golddurchwirkten Tüchern und vielen köstlichen Speisen in silbernen und goldenen Schüsseln. Aber über dem Kopf der Köchin hing auf einmal ein großer, schwerer Mühlstein an einem seidenen Faden. Darüber erschrak sie sehr und wollte in ihrer Angst geschwind aufstehen. Die Zwergenmutter jedoch sagte zu ihr: „Fürchte dich nicht, es wird dir nichts geschehen.

Ich wollte dir nur zeigen, was für große Angst ich hatte, als du mich vor kurzem in der Küche mit der Schaufel erschlagen wolltest und mein Leben ebenfalls an einem seidenen Faden hing.“ Die Köchin aber war froh, als sie sich schließlich, mit Geschenken beladen, verabschieden durfte.

Einmal hatte sich ein wohlhabender Zwerg in ein schönes Mädchen verliebt und wollte es unbedingt heiraten. Das Mädchen mochte ihn zwar ganz und gar nicht, weil er so klein und hässlich war, doch der Zwerg versprach ihrem Vater viel Geld und Reichtümer, so dass sie ihm schließlich doch die Hochzeit zusagen musste. Sie hatte aber mit dem Zwerg vereinbart, dass sie frei wäre und er sie in Ruhe ließe, wenn es ihr gelänge, seinen Namen zu erfahren.


Lange Zeit kundschaftete sie vergebens. Doch zuletzt half ihr der Zufall. Es fuhr nämlich in einer Nacht ein Fischhändler auf der Straße nach Greifswald. Als er an einer Stelle viele Zwerge lustig im Mondschein tanzen und springen sah, hielt er verwundert an. Und da hörte er, wie einer der Zwerge in seinem Übermut laut rief: „Wenn meine Braut wüsste, dass ich Doppeltürk heiße, dann würde sie mich nicht heiraten!“

Da erzählte der Fischhändler am nächsten Tag in Greifswald im Wirtshaus und von der Wirtstochter erfuhr es die Braut. Die dachte sich gleich, dass dies ihr Verlobter gewesen sein muss. Als er wieder zu ihr kam, nannte sie ihn Doppeltürk. Da verschwand der Zwerg und ärgerte sich sehr. So hatte die Liebschaft ein Ende.

Greifswald soll nach der Sage nach auf einen Greif zurückgehen, der dort vor der Stadtgründung in einem Baum sein Nest hatte und gelegentlich Kinder als Nahrung für seine Jungen raubte, bis er schließlich von den Anwohnern vertrieben wurde.

Eine Sage aus Deutschland

Mittwoch, 26. Dezember 2018

Einen schönen 2. Weihnachtsfeiertag ....

wünsche ich allen Menschen auf unserer Welt.


Der größte Trubel ist vorbei, nun kann man de Rest des Weihnachtsfestes noch in aller Ruhe genießen. Zumindest ist bei uns so.

Dazu habe ich passendes Gedicht gefunden!

Noch einmal ein Weihnachtsfest,
Immer kleiner wird der Rest,
Aber nehm' ich so die Summe,
Alles Grade, alles Krumme,
Alles Falsche, alles Rechte,
Alles Gute, alles Schlechte –
Rechnet sich aus allem Braus
Doch ein richtig Leben raus.
Und dies können ist das Beste
Wohl bei diesem Weihnachtsfeste.

Theodor Fontane 



8:49 Minuten