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Sonntag, 9. September 2018

Eine indianische Weisheit ....

Vor langer Zeit besuchte einmal ein Indianer seinen weißen Bruder in der Großstadt. Er war das erste mal weit von seinem Reservat und der Prärie entfernt. So war er sehr verwirrt vom Lärm und der Hektik in der Stadt. Der Gestank machte ihm auch sehr zu schaffen.

Als sie in einer Einkaufsstraße spazierten und an den großen Schaufenstern entlang gingen, blieb der Indianer plötzlich stehen. Eingehend lauschte er. Natürlich wollte sein Freund wissen, was er macht.

"Ich höre tatsächlich in all diesem Lärm eine Grille zirpen", erzählte der Indianer seinem Freund.

Der weiße Bruder lachte und meinte, dass das unmöglich sei. "Erstens gibt es keine Grillen in der Stadt. Und zweitens würdest Du es nicht hören können bei all diesem Lärm."


Der Indianer ließ sich aber davon nicht beeindrucken und folgte dem Zirpen. Sie entfernten sich etwas von der lärmenden Straße und sahen ein älteres Haus mit Garten. Die Wände des Hauses waren ganz mit Efeu überwachsen. Der Inianer hockte sich auf den Boden und nahm die Blätter etwas beiseite. Er hatte recht gehabt, denn da saß auf einem klitzekleinen Grasfleck eine große Grille.

"Die Indianer haben wohl doch ein besseres Gehör als wir Weißen", lächelte der Weiße seinen Freund an.

"Nein", erwiderte sein Freund, "und ich werde es dir beweisen."

Der Indianer nahm eine Kupfermünze aus der Tasche und warf sie auf den Boden. Sie konnten ein leises "Pling" hören. Auch einige Passanten schauten sofort in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

Da lächelte der Indianer: "Siehst du, es liegt gar nicht am Gehör, es liegt einzig an unserer Aufmerksamkeit. Die Menschen hier hören Geld fallen, aber Grillen ignorieren sie. Aber: Was immer du auch hören magst, es sagt immer etwas darüber aus, wie du über deine Umwelt denkst und was dir wichtig ist."

Aus dem Buch "Legenden am Lagerfeuer" von Gudrun Anders



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