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Sonntag, 7. November 2021

Herbst


Gärtner, laß die Blätter liegen,

Die jetzt über die Erde rollen

Und die müde von der Reise

Sich zur Ruhe legen wollen.


Wie sie gelb und braun geworden -

Und der Reif an ihrem Rande -

Ruhn sie, tote Sommervögel,

Auf dem dunkelroten Sande.


Sieh, sie wollen deinem rauhen

Besen sich nur ungern fügen;

Du vermagst des Winters Nahen

Doch nicht recht hinwegzulügen.

Heinrich Lersch (1889 - 1936), deutscher Kesselschmied und Arbeiterdichter

Feldbeichte

Im Herbst, wenn sich der Baum entlaubt,

Nachdenklich wird und schweigend,

Mit Reif bestreut sein welkes Haupt,

Fromm sich dem Sturme neigend:


Da geht das Dichterjahr zu End',

Da wird mir ernst zu Mute;

Im Herbst nehm' ich das Sakrament

In jungem Traubenblute.


Da bin ich stets beim Abendrot

Allein im Feld zu finden,

Da brech' ich zag mein Stücklein Brot

Und denk' an meine Sünden.


Ich richte mir den Beichtstuhl ein

Auf ödem Haideplatze;

Der Mond, der muß mein Pfaffe sein

Mit seiner Silberglatze.


Und wenn er grämlich zögern will,

Der Last mich zu entheben,

Dann ruf' ich: "Alter, schweig' nur still,

Es ist mir schon vergeben!


Ich habe längst mit Not und Tod

Ein Wörtlein schon gesprochen!"

Dann wird mein Pfaff vor Ärger rot

Und hat sich bald verkrochen.

Gottfried Keller (1819 - 1890), Schweizer Dichter und Romanautor

Mißdeutung (Im Herbst 1819.)

A.

Der Bundestag hat wie ein Leu gebrüllt.

Seid ihr von Grausen, Deutsche, nicht erfüllt?

Macht euch gefaßt auf unerhörte Dinge!

Er geht umher und sucht, wen er verschlinge.

B.

Nicht doch! Es war kein Brüllen, wie ihr wähnt.

Der Bundestag hat nur sehr laut gegähnt;

Denn auf der Bärenhaut der Protokolle

Sich wälzend, spielt er schlafend seine Rolle.

August Wilhelm von Schlegel (1767 - 1845), deutscher Philosoph und Schriftsteller, zusammen mit seinem Bruder Friedrich Schlegel gilt er als Mitbegründer der deutschen Romantik

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