"Ich bin heute nicht frei, weil das System funktioniert hat. Ich bin heute nach jahrelanger Inhaftierung frei, weil ich mich des Journalismus schuldig bekannt habe." – So erklärt Julian Assange sein "Verbrechen". Es war der erste öffentliche Auftritt des Wikileaks-Gründers nach 14 Jahren Verfolgung, Isolation und Gefangenschaft. Assange wurde Ende Juni nach über fünf Jahren aus der Einzelhaft des Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London freigelassen. Drei Monate später gab der weltbekannte Journalist seine erste Pressekonferenz im Europarat in Straßburg.
Assange zeigt auf, dass dies die USA seien, die mit Hilfe seines Falles „den Journalismus international kriminalisiert" und die Meinungsfreiheit ernsthaft gefährden: "Ich war ein politischer Gefangener. Die politische Grundlage für die Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung gegen mich war die Veröffentlichung der Wahrheit über das, was die US-Regierung getan hatte."
Assange und WikiLeaks hatten sich mit mächtigen Kreisen angelegt. Weltruhm erlangten sie 2010 durch die Veröffentlichung des Videos "Collateral murder" aus dem Irak-Krieg. In diesem eröffnen US-Soldaten aus einem Hubschrauber das Feuer auf Zivilisten und Journalisten. Viele weitere Leaks folgten, die unzählige US-Kriegsverbrechen aufdeckten, sowie „Programme zur Ermordung, Verschleppung, Folter und Massenüberwachung“ zudem massive Steuerhinterziehung und Korruption. Assange sah sich fortan mit Verfolgung und Medienkampagnen gegen sich konfrontiert. Er verteidigt seine Enthüllungen: "Unser Journalismus hat die Informationsfreiheit und das Recht der Öffentlichkeit auf Wissen in den Mittelpunkt gestellt."
Assange bedauert zutiefst, wohin sich die Welt in den vergangenen 14 Jahren entwickelt hat: "Nun, seitdem ich aus dem Kerker von Belmarsh heraus bin, ist die Wahrheit nicht mehr so leicht zu erkennen, und ich bedaure, wie viel Boden in dieser Zeit verloren gegangen ist, wie die Verbreitung der Wahrheit untergraben, angegriffen, geschwächt und eingeschränkt worden ist. Ich sehe mehr Straffreiheit, mehr Geheimhaltung, mehr Repressalien für das Aussprechen der Wahrheit und mehr Selbstzensur."
Die Freiheit der Informationen, der Meinungen und der Presse sind aus seiner Sicht heute mehr denn je bedroht: "Die Meinungsfreiheit und alles, was mit ihr zusammenhängt, steht an einem düsteren Scheideweg. Ich fürchte, dass es schon bald zu spät sein wird."
Er betonte die dringende Notwendigkeit, gegen transnationale Unterdrückung vorzugehen, ansonsten sei bald kein Journalist mehr sicher und ohne echten Journalismus sei eine freie Gesellschaft nicht möglich: "Die Rechte von Journalisten und Verlegern innerhalb des europäischen Raums sind ernsthaft bedroht. Transnationale Unterdrückung darf hier nicht zur Norm werden. [...] Journalismus ist kein Verbrechen. Er ist ein Grundpfeiler einer freien und informierten Gesellschaft."
Rückblickend stellt Assange für sich fest, dass er zu gutgläubig war und mahnt die Gesellschaften: "Ich war naiv, weil ich an das Gesetz geglaubt habe. Aber wenn es hart auf hart kommt, sind Gesetze nichts weiter als ein Stück Papier, das je nach politischer Zweckmäßigkeit uminterpretiert werden kann. Sie sind die Regeln, die von der herrschenden Elite aufgestellt werden, und wenn diese Regeln nicht zu dem passen, was sie tun will, werden sie neu interpretiert oder, was deutlicher ist, idealerweise geändert. Ich habe 14 Jahre durch Hausarrest, Botschaftsbelagerung und Hochsicherheitsgefängnis verloren. Ich denke, das ist eine wichtige Lektion: Wenn eine große Machtgruppe das Gesetz neu auslegen will, kann sie darauf drängen, dass das Staatsorgan, in diesem Fall das US-Justizministerium, dies tut. Und es schert sie nicht allzu sehr, was legal ist."
Seine Rede beendete er mit dem Appell: "Wir müssen alle zusammenhalten, um die Sache durchzustehen. Wird ein Journalist irgendwo zensiert, verbreitet sich dadurch die Zensur, die sich dann auf uns alle auswirken kann. [...] Journalisten müssen Aktivisten für die Wahrheit sein. [...] Wenn einer von uns fällt, werden die Risse bald breiter werden und den Rest von uns zu Fall bringen. [...] Kämpfen wir weiter."
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