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Dienstag, 13. Dezember 2022

Anmerkungen zu einer sterbenden Art | Von Roberto J. De Lapuente

Wir haben uns das Aussterben der Menschheit in jeder Zeit apokalyptisch vorgestellt. Dass es heimlich und leise geschieht, noch dazu in der menschlichen Hülle, hätten wir eher nicht erwartet. Aber genau das geschieht hier und jetzt; auch während Sie diese Zeilen lesen, sind wir am Aussterben.

Die Frage, die sich für uns Pessimisten stets stellte, lautete ungefähr wie folgt: Werden wir als Spezies nach einem Atomkrieg oder noch einem Klimakollaps vom Erdenrund verschwinden? Für beide Szenarien sprach einiges, den faktisch existierenden Overkill haben wir allerdings seit Jahrzehnten aus den Augen verloren, weil wir uns einflüstern ließen, dass das Ende der Geschichte erreicht sei. Und was das Klima betrifft, war schon lange vor der aktuellen Protestbewegung klar, dass da was nicht ganz so optimal läuft, der Club of Rome mahnte bereits in den Siebzigern. Aussterben: Das war in unserer Vorstellung immer nur dieser eine Weg, den die Dinosaurier eingeschlagen hatten. Einfach vom Angesicht der Erde getilgt zu werden nämlich.

Doch vermutlich kommt es anders. Die Menschheit, wie wir sie kennen, sie lieben und hassen, sie bestaunen und ablehnen, mit all ihren Makeln und liebenswürdigen Facetten, als Schöpferin von atemberaubender Architektur und architekturraubenden Massenvernichtungswaffen: Sie wird uns langsam aber sicher abhandenkommen. Nein, es werden auch dann noch Kreaturen über diesen Planeten wandeln, die menschliche Züge aufweisen. Aber das sind nur Hüllen, die aus einer anderen, aus einer menschlichen Zeit stammen. Früher oder später wird sich vielleicht auch die Verpackung wandeln; das Relikt des menschlichen Körpers transformiert eines Tages, ganz so, wie das Innere – altmodisch als Seele bezeichnet – modifiziert wird, dass es am Ende alles Menschliche einbüßt. 

 

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