Die weiße Amsel
Es war ein König, und der war selber der größte Spaßvogel und Unterhaltungsmacher an seinem Hof. Und weil er allweil hat gewusst eine Unterhaltung zu machen, war die Gesellschaft immer groß bei ihm. Mit der Zeit hat er aber sein Gehör verloren und die Krankheit hat immer mehr zugenommen, und so haben ihn die Herrschaften immer weniger besucht, weil es ihnen lästig war, dass sie mussten so laut mit ihm reden. Da ist ihm nun nach und nach halt Zeit lang geworden, und da hat er zuletzt noch eine Tafel gegeben und dazu viele Gäste eingeladen: Fürsten, Grafen und Generäle und auch militärische und praktische Ärzte. Und wie die Tafel zu Ende war, bat er, wenn noch einer drunter wäre, der ihm könnte einen Rat geben, dass er sein Gehör wieder könnt‘ zurückkriegen – der möcht‘ es ihm doch sagen.
Da hat ihm einer geraten: Wenn er eine weiße Amsel erfragen möcht‘ und wenn er die singen hörte, so könnt‘ er sein Gehör wiederkriegen. Der König hat dafür seinen Dank gesagt und für die Visitleistung, und dann sind sie gegangen.
Nun hatte der König drei Söhne, der erste hieß Robert, der zweite Engelbert, der dritte Franz. Der Robert bat den König, er möchte ihn lassen in die weite Welt ausziehen, um eine weiße Amsel zu finden. Der König hat es nur ungern erlaubt, dass sein Sohn sollte in die fremde Welt ausziehen, weil er noch zu unerfahren wäre. Zuletzt aber, weil er so viel gebeten hat, hat der König halt doch eingewilligt und ihm ein Pferd gegeben und viel Geld. Da kam der Robert in der fremden Welt in eine große Stadt, wo tagtäglich Tanzmusik und Lustbarkeit war und viele Fürsten, Grafen und noble Edeldamen zusammenkamen, und in der Unterhaltung hat der Prinz auf seinen Vater, den König, ganz vergessen und sein Geld auf unnütze Art verschwendet. So verging das Jahr, ohne dass er einmal einen Brief geschrieben hätte; mehrmals war er schon in Schuldenarrest gewesen.
Wie das Jahr vorbei war und der Robert nicht gekommen, so bat der zweite Sohn, der Engelbert, den Vater ums Ausreisen. Den König kränkte es aber, dass der älteste Sohn nicht zurückgekommen war, und jetzt machte es ihm das Herz noch schwerer, dass der zweite Sohn auch fort wollte. Als der aber gar nicht nachließ mit Bitten, gab er ihm auch ein Ross und das gleiche Geld wie dem ersten, und der Engelbert reiste fort. Er machte den gleichen Weg wie sein Bruder und kam in die gleiche Stadt. Da war wieder die Musik und bald traf er auch seinen Bruder; sie küssten einander und er löste ihn von den Schulden aus, und jetzt führten sie miteinander das gleiche lustige Leben fort. So ist das zweite Jahr vergangen, ohne dass sie auf den Vater dachten.
Wie nun keiner von beiden ist hinter kommen, da hat der dritte Sohn auch fort wollen. Da sagte der Vater:
»Du bist meine einzige Stütze und der einzige, mit dem ich noch was reden kann, und willst mich auch verlassen.«
Aber der Prinz hörte nicht auf zu bitten, bis ihn der Vater ziehen ließ und ihm das Gleiche mitgab wie seinen Brüdern.
Er ritt aber auf eine andere Seite aus, kam auch in eine Stadt und fragte halt dort fleißig um eine weiße Amsel. Bei dem Suchen kam er auch zum Freithof. Da sah er eine Bank und darauf zwei Haselstecken liegen; das konnte er sich nicht erklären, was das bedeuten sollte. Da sah er einen Leichenzug daherkommen, der blieb vor dem Freithof stehen und die Leute nahmen die Leiche aus dem Sarg, legten sie auf die Bank und prügelten sie mit den Haselstecken fest durch. Wie er sie fragt, warum sie das täten, kriegt er zur Antwort, dass der Tote ein lasterhaftes Leben geführt hat und dass es da Brauch ist, wie der Mensch lebt, so wird er auch begraben. Der Franz konnte das aber nicht mit ansehen, dass die Schande mit dem Toten sollte begraben werden, und er sagte, das dürfe nicht sein, in seinem Lande würde dem Toten alles vergeben und er müsse Ruhe und Frieden haben. Darauf sprachen aber die anderen:
»Der Tote hat Schulden hinterlassen und das muss er büßen durch die Streiche.«
So wollte er die Schulden auf sich nehmen, sagte der Franz, sie sollten den Toten mit Frieden begraben, und er bezahlte auch den Pfarrer, dass er richtig und ordentlich begraben wurde, und wohnte der Beerdigung selber bei.
Danach zog er weiter, und als er eine lange Zeit gereist war, kam er in einen Wald. Da erscheint ihm auf einmal ein Fuchs und der grüßt ihn freundlich und redet ihn an:
»Franz, sag mir, wo gehst du denn hin?«
Der Franz ist zuerst stark erschrocken, dass der Fuchs reden kann. Er hat nicht gewusst, ist der Fuchs gefangen und abgerichtet oder ist er gar ein verzaubertes Tier? Wie der Fuchs nun weiter sagt, er will ihm Führer und Helfer sein, erzählt ihm Franz, warum er ausgezogen sei. Da sagt der Fuchs:
»Wenn du noch eine Tagreis‘ weiter reitest, kommst du im Wald zu einem kleinen Häusl in einem kleinen Garten, und das ist nett und reinlich, aber es wohnt ein wilder Mann darin. Der züchtet alle Vögel und hat auch zwei weiße Amseln, eine alte und eine junge. Da musst du ihn um einen Dienst bitten; vor sechs Wochen ist sein Weib gestorben und ’s wird ihm recht sein, dass du bei ihm anfragst. Und wenn er dich wird fragen, was du kannst, so sagst halt: ›Holz eintragen und Wasser eintragen und Haus reinigen, was i halt von meiner armen Mutter gelernt hab, und mit den Vögeln weiß ich auch umzugehen.‹ Dann wird er dich aufnehmen. Nach einer Zeit wird er verreisen; und wenn er fort ist, nimmst du die weiße Amsel heraus, nicht die junge, sondern die alte. Wenn du die junge nimmst, geht dir’s schlecht und mir noch schlechter.«
Und der Fuchs verschwand.
Der Franz traf es richtig so an, wie ihm der Fuchs gesagt hat. Wie er hinkam zu dem Häusl und stand vor der Tür, so kam der wilde Mann heraus. Der Franz grüßte ihn und brachte seine Bitte so vor, wie es ihn der Fuchs gelehrt hatte. Der wilde Mann nahm ihn auch auf und zeigte ihm pünktlich, was er zu tun hatte. Franz machte alles und der wilde Mann war recht zufrieden mit ihm. Nach drei Wochen sagte er, er wolle verreisen und jetzt sollte der Franz alles allein besorgen. Darauf hatte der Franz schon hart gewartet. Er nimmt gleich die alte Amsel aus dem Häusl, aus dem Käfig heraus. Wie er sie aber anschaut, war sie ihm zu schiach, hat ausgeschaut wie a alte Henn‘, so sind ihr die Federn überall weggestanden. Er tut die alte wieder hinter und nimmt die junge. Die ist doch viel schöner, denkt er bei sich. Wie er aber ins Freie hinauskommt mit der Amsel, so hebt sie furchtbar an zu schreien und zu wischpern, sodass es der wilde Mann noch gehört hat. Der ist nämlich noch nicht gar weit fort gewesen. Er kommt geschwind zurück und will den Franz niederschlagen.
Der Franz bittet um Gnade und will ihm die weiße Amsel zahlen, der wilde Mann verkauft aber die Amsel nicht. Der Franz bittet noch einmal, wenn er ihm die Straf‘ möcht schenken, vielleicht könnt‘ er ihm woanders einen Dienst erweisen.
»Ja«, sagt der wilde Mann, »a Tagraas‘ von da, da is a Grafschaft und der Graf hat an‘ schean Reitschimml. Wann du mir den bringst, da gib i dir die weiße Amschl.«
Der Franz ging traurig fort und dachte: ›Wär ich doch dem Fuchs gefolgt!‹ Da erschien auf einmal wieder der Fuchs und sagte:
»Franz, wie geht’s?«
Und wie der Prinz ihm sein Leid klagte, sprach er weiter:
»Ich will dir noch einmal helfen. Der Graf braucht einen Stallknecht; aber zuerst wird er fragen, was du kannst. Da muss du sagen: in der Kuchl ein Holz machen und dass du mit den Pferden gut umgehen kannst. Der Reitschimmel ist aber schlimm, er haut und beißt; da hast du ein Salbl, damit musst du einwendig die Hand bestreichen und dem Ross auf’m Puggl hin und her fahren. Der Graf wird dich gern aufnehmen und nach drei Wochen wird er verreisen und dich zum Stallverwalter machen; da kriegst du einen Schlüssel zu einem Kasten, darin sind drei Sättel, einer mit Eisen beschlagen, einer mit Silber, einer mit Gold. Und wenn der Graf fort ist, da nimmst du den Sattel, der mit Eisen beschlagen ist, aber ja keinen andern, den schnallst du dem Ross auf und reitest hin zum wilden Mann.«
Der Fuchs verschwand, und wie der Franz hinkam zu dem Grafen, sagte er alles, wie ihn der Fuchs es geheißen hatte. Der Graf ging mit ihm zum Rosstall und zeigte ihm, was er zu tun hätte und dass der Reitschimmel alle Tage schön geputzt müsst werden. Wohl die andern Ross auch, aber der Schimmel viel besser, und dass er sich hüten müsst vor dem, weil er beißt und schlaget, überhaupt weil er unbekannt sei. Der Franz nahm aber sein Salbl in die Hand und strich dem Ross übern Buckel.
»Das Schimmele«, sagte er, »tut mir nichts, solche Ross hab ich schon mehr geputzt, die schlimm sind.«
Der Graf verwunderte sich, dass der Schimmel nicht biss und schlug, und war froh, dass er einen solchen Knecht hatte, der mit dem Ross so schön umgehen konnte. Nach einer Woche nahm er noch einen anderen Knecht auf und der Franz wurde Stallverwalter und hatte den Schimmel allein zu versorgen. Der Graf übergab ihm den Schlüssel zu dem Kasten, wo die drei Sättel drin waren, und danach verreiste er. Wie der Graf fort ist, nimmt der Franz den Schlüssel, sperrt auf, nimmt den eisernen Sattel aus dem Kasten und schnallt ihn dem Ross auf. Da meint er aber: Der silberne ist ja doch viel schöner. Er schnallt den eisernen Sattel ab, legt ihn wieder in den Kasten, nimmt den silbernen, schnallt ihn auf und betrachtet den Schimmel, hat ihm recht gut gefallen. Er denkt sich aber, es möchte der guldene noch viel besser passen. Er schnallt den silbernen wieder ab, nimmt den guldenen aus dem Kasten, schnallt ihn dem Schimmel auf, schaut ihn an, jetzt gefällt er ihm erst recht gut. Er sitzt auf und reitet fort, habt aber den rechten Weg verfehlt und ist dem Grafen nachgeritten. Wie ihn der Graf sieht, ist er furchtbar zornig und will den Franz vor lauter Zorn zusammenstechen.
Da bat Franz um Gnade, wollte dem Grafen den Schimmel zahlen und sagte, er sei ein Königssohn und gäbe, was er verlangte. Aber dem Grafen war der Schimmel um keinen Preis nit feil. Da bat der Franz noch einmal um Gnade und sagte, vielleicht könnt er ihm auf einer anderen Seiten zu Diensten stehen. Jetzt sagte der Graf:
»Ich hab meine Tochter auf der Jagd verloren, die schöne Florigunde, und hab schon viele ausgeschickt, sie zu suchen, aber keine Spur ist zu finden. Wenn du sie mir bringst, so will ich dir den Diebstahl verzeihen und dir den Schimmel geben.«
Der Franz ging auf die Suche, war aber recht traurig dabei und dachte: Wenn ich nur dem Fuchs gefolgt wäre! Da erschien ihm wieder der Fuchs und sagte:
»Franz, wie geht’s?« – »Schlecht«, sagte der Franz. »Wäre ich dir gefolgt, so wär alles gut gegangen. So hat mich aber der Graf erwischt.«
Da sagte der Fuchs: »So lang, dass du mir nicht folgst, wird’s dir immer schlecht gehen und mir noch schlechter. Jetzt will ich dir aber noch einmal helfen, dass du die schöne Florigunde kriegst. Sie ist vom Teufel gestohlen worden und in der Hölle unten, weil sie über ihre Schönheit so sündhaft stolz war. Sie ist in der dritten Höll und der Teufel sitzt ihr auf dem Schoß und schläft. Vor der Hölltür liegt ein großer Stein, darunter ist der höllische Zauberschlüssel versteckt. Wenn du die erste Tür aufsperrst, springen alle drei Türen zugleich auf. In der ersten Höll sind alls große Krotn, das sind ersten Grads unselige Leut. In der zweiten Höll sind alls große Schlange, das sind zweiten Grads unselige Leut. In der dritten ist die Florigunde. Und du darfst dich nicht länger aufhalten als drei Minuten, sonst bist du verloren. Du nimmst die Florigunde beim rechten Haarzopf, drehst ihn dreimal um die rechte Hand und stößt den Teufel weg und eilst zur Hölle heraus.«
Der Franz tat das mal alles pünktlich, wie ihm der Fuchs gesagt hatte. Auf drei Sprünge war er mit der schönen Florigunde vor der Hölle, und wie er die Tür zuschlägt, so haut noch eine Krot mit der Pratzen an die Tür, dass die Tür gekracht hat. Der Franz reißt den Schlüssel schnell ab und steckt ihn wieder unter den Stein. Jetzt sind sie schnell miteinander fort. Und wie sie müde wurden, setzten sie sich nieder aufs Moos und rasteten. Die schöne Florigunde bedankte sich aufs Beste, dass er sie aus der Hölle hatt‘ erlöst, zog ihren guldenen Ring vom Finger, wo ihr Name eingraviert war und viel teure Edelsteine daran, und gab ihm dem Franz zum Andenken.
Dann gingen sie der Grafschaft zu, und wie sie da miteinander glücklich und zufrieden gehen, da erscheint wieder der Fuchs und fragt, wie’s geht.
»Jetzt recht gut«, sagt der Franz, und darauf der Fuchs:
»Solang, dass du mir folgst, wird dir’s gut gehen und mir noch besser. Du darfst jetzt die schöne Florigunde nicht für den Schimmel hergeben; denn das wär kein Vergleich, einen Menschen für ein Ross. Wenn du hinkommst, wird der Graf eine ungemeine Freud‘ haben und vor Freuden eine Tafel geben, sieben, acht Tag‘ lang. Und dann wird er dir selber den Schimmel mit dem Goldsattel aufsatteln und die schöne Florigunde wird dir den Schimmel vorführen. Und wenn du wirst auf dem Schimmel sitzen, musst du sagen: Ich hab vergessen, der schönen Florigunde einen Abschiedskuss zu geben. Und wenn sie dir den Kuss will geben, musst du sie zu dir aufs Ross hinaufziehen und schnell davonreiten.«
Und so geschah es. Der Graf gab die Freudentafel, die sieben Tage dauerte, und danach blieb der Franz noch einige Tage auf dem Schloss. Die schöne Florigunde aber hatte den Prinzen liebgewonnen und es war ihr leid, dass er jetzt fortgehen wollte. Er musste aber doch fort, weil er doch noch allweil auf seinen Vater gedacht hat. Wie er nun auf dem Schimmel sitzt, verlangt er noch einen Abschiedskuss. Er beugt sich nieder und die Florigunde stellte ihren Fuß in den Bügel und streckt sich zu ihm hinauf. Jetzt fasst er sie um die Mitten, hebt sie aufs Ross und reitet schnell fort, und bis der Graf ein anderes Pferd gesattelt hat und ihm nachsprengt, war er schon weit weg.
Wie der Franz sah, dass er sicher war, da ritt er langsam; der Schimmel war schon recht matt. Jetzt erschien dem Franz wieder der Fuchs. Da war der Prinz sehr glücklich, der Fuchs gab ihm aber weiter guten Rat:
»Du brauchst den Schimmel nicht um die weiße Amsel zu vertauschen. Wenn du zum wilden Mann hinkommst, wird er vor seinem Häusl stehen und wird lachen, dass er den Schimmel kriegt. Und wird die weiße Amsel schon in der Hand haben. Dann musst du mit ihm einen Streit anfangen und sagen, das wär nicht die junge, das wäre die alte; es wird aber eh die junge sein. Der wilde Mann will dich aber davon überzeugen, und weil er um die alte geht, musst du schnell mit der jungen wegreiten. Da hast du drei Röslein; wenn dir’s schlecht soll gehen, wirfst du allemal ein Rösl über deine rechte Achsel hinter.«
Als der Franz zum wilden Mann kam, stieg er nicht vom Pferd, weil er noch nicht die weiße Amsel hatte. Der wilde Mann stand aber schon vor der Tür, die junge Amsel in den Händen. Da fängt der Prinz den Streit darum an und der wilde Mann wird zornig und geht in sein Häusl um die alte Amsel. Derweil reitet der Franz mit der jungen Amsel schnell davon.
Weil aber der Weg schlecht und holprig war, konnte er nicht so schnell weiter. Da hörte er hinter ihm ein Geräusch und schaute um, da war der wilde Mann ganz nah. Der Franz nahm die erste Rose und warf sie über seine rechte Achsel hinter. Da war ein tiefer Graben mit steilen Wänden, um und um alles gebirgig. Da musste der wilde Mann erst um den Graben herumgehen. Derweil ritt der Prinz ein gut Stück weiter. Nach einer Weile hörte er hinter ihm wieder rauschen, und wie er umschaut, ist der wilde Mann schon wieder gleim am Rücken. Der Prinz wirft das zweite Rösl über seine rechte Achsel hinter und da sieht er einen großen alten Urwald im Windwurf liegen. Er ist auf der einen Seite und der wilde Mann auf der Hinterseite.
Bis der wilde Mann um den Wald geht, kommt der Franz ein gut Stück weiter. Auf einmal hört er wieder rauschen; wie er sich umschaut, ist der wilde Mann schon recht gleim hinter ihm und speibt Feuer aus vor lauter Zorn. Der Franz schmeißt das dritte und letzte Rösl über seine rechte Achsel hinter, und wie er sich umschaut, so sieht er einen großen See faules Wasser und der wilde Mann kann nicht hinüberschwimmen, weil ihn das faule Wasser nicht trägt. Da legt er sich nieder und trinkt den See aus und ist von dem vielen faulen Wasser aufgepfutscht und ist hingewesen.
Als der Franz wieder auf schönes Land gekommen war, da erschien ihm wieder der Fuchs:
»Franz, wie geht’s?« – »Mir geht’s so gut, dass mir kein Wunsch mehr übrig bleibt«, antwortete Franz. Da sagte der Fuchs:
»Aber du wirst noch eine schwere Prüfung zu bestehen haben. Ich rate dir, dass du ja nicht etwa Rabenfleisch kaufst.« – Damit war der Fuchs verschwunden.
Aber der Prinz dachte, er hätte noch viel Geld und könnte in jedem Wirtshaus einkehren und würde auf kein Rabenfleisch nit angewiesen sein. Nach ein paar Tagen kam er zu einer großen Stadt, davor sah er zwei Galgen stehen, und nicht lange, so wurden zwei Menschen gebracht, die sollten aufgehängt werden. Jetzt sieht er, dass die zwei seine Brüder sind. Da spricht er zu den Leuten und kauft seine Brüder um viel Geld los, hat sich recht gefreut, dass er jetzt alles beieinander hat: die weiße Amsel, das weiße Ross, die schöne Florigunde und seine zwei Brüder. Sie reisten nun alle zusammen weiter; aber seine Brüder waren neidisch auf sein Glück, und als sie zu einem großen Wasser kamen, über das eine Brücke ging, da hatten sie schon heimlich etwas miteinander beratschlagt. Der eine geht links und der andere rechts, der eine hebt den Franz aus dem Sattel, der andere reißt ihn vom Pferd herab und wirft ihn übers Geländer ins Wasser. Und die schöne Florigunde hat einen Eid schwören müssen, dass sie nichts aussagt, sonst wollten sie sie auch ins Wasser werfen.
Wie aber der Franz ist untergegangen und das Wasser wirft ihn wieder auf, da ist der Fuchs übergeschwommen. Der Franz derwischt ihn beim Schwanz und der Fuchs zieht ihn heraus aufs Land und spricht:
»Wenn du mir nicht folgst, so wird dir’s alleweil schlecht gehen und mir noch schlechter. Habe ich dir nit gesagt, du darfst kein Rabenfleisch nit kaufen! Aber ich will dir nochmal helfen. Du musst dein Gewand, das du anhast, alles vertauschen, und wenn du auch viel ein schlechteres kriegst. Im nächsten Wald haust ein Einsiedler, zu dem gehst du und bittest ihn, dass er dir die Wurzen und Kräuter zeigt, die nahrhaft und nicht giftig sind. Der wird dich aber nit wollen aufnehmen, da musst du ihn desto mehr bitten.«
Franz ging denn auch in den Wald zu dem Einsiedler, und wie der sah, dass der Franz aus der Stadt und von feinen Leuten war, da sagte er, ein so einen Menschen könnet er nit brauchen. Der Franz bat aber immer weiter und sagte:
»Wenn ich so tu, wie’s die Leut wollen, so komm ich in die Sünd, tu ich’s aber nicht, so werde ich von dem Volk verhöhnt. Ich bitte dich gar schön, lass mich doch bei dir!«
Wie er nun auch da als Einsiedler lebte, da hat’s ihm gar fürchterlich belängt. Es kam ihm vor, ein Tag wäre länger als sonst eine Woche. Aber er musste sieben Jahre aushalten und er hielt noch länger aus. Je länger er blieb, je weniger wusste er, was für ein Monat oder Tag war und wie er im Jahr war. In der langen Zeit wuchsen ihm die Haare über den Puggel hinab und der Bart bis auf die Brust, so dass er ganz unkenntlich wurde. Und als er einmal unter einem Baum Wurzen grub und dachte, wie viel sieben Jahre werden schon um sein, der Fuchs kommt mich nimmer ablösen, ist vielleicht geschossen worden oder gefangen – wie er so nachsimuliert, da erscheint der Fuchs und sagt:
»Heute ist der siebente Jahrestag, jetzt kannst du heimgehen auf den königlichen Hof, aber nicht als Königssohn. Du musst schauen, dass du dort einen Dienst kriegst.«
Da ging Franz zu dem Verwalter auf den königlichen Hof um eine Anstellung, und weil sonst keine Stelle da war, so machte ihn der zum Hennenhalter. Da brachte er nun bald in Erfahrung, wie es dort stand: Die schöne Florigunde war immer traurig, sie sollte in acht Tagen den Robert heiraten, und wenn sie ihn nicht nahm, war ihr Leben verfallen; die Amsel lebte wohl noch, aber sie sang nicht, und der Schimmel war auch noch da, aber er war auch recht schlecht beieinander. Jetzt ist aber der Rossknecht fort vom Hof gegangen und der Franz an seinen Platz gekommen und wieder bei seinem Schimmel gewesen. Da wurde der von Tag zu Tag besser und die Amsel hob wieder an zu wischpeln und zu singen. Die Florigunde hatte den Schimmel noch alleweil recht gern und ist öfters zu ihm in den Stall gekommen und hat auch mit dem Stallknecht geredet. Einmal, als sie wieder da war, hat er ihr die Hand vorgehalten mit dem Ring. Wie sie den Ring sieht, erkennt sie den gleich und fällt in Ohnmacht. Der Franz rieb ihr geschwind die Puls‘, dass sie wieder zu sich selber kam, und fragte sie, was ihr gewesen wär. Da antwortete Florigunde:
»Ich hab einen Ring gehabt, der dem ganz gleich war, aber es ist ja nicht möglich, dass es derselbe ist; weil der, dem ich den Ring geschenkt hab, ins Wasser gefallen ist.«
Der Franz sagt aber, dass es doch sein kann, dass das ihr Ring ist, weil er der Franz ist, den seine Brüder ins Wasser gestürzt haben.
Er bat sie aber, sie sollte davon am ganzen Hof niemand nichts sagen, nur seinem Vater, dem sollte sie es einmal auf einem weiten Spaziergang offenbaren; »er wird dir den Spaziergang nicht abschlagen, weil er jetzt wieder freundlich und fröhlich ist, seit die weiße Amsel wieder singt und weil er jetzt sein Gehör wieder hat wie früher.«
Alles geschah so, und der König gab nun ein großes Fest und lud alle Herren vom Hof und auch die von auswärts dazu ein. Seine zwei Söhne waren auch dabei. Wie die Tafel zu Ende war, bedankte er sich schön für den Rat mit der weißen Amsel und dass er jetzt wieder so gut hörte wie vor und eh. Und setzte hinzu, er hätte einen Traum gehabt, den könnt er nicht von seinem Herzen bringen und möchte ihnen den erzählen: Da habe einer zwei Brüder vom Galgen ausgekauft und die zwei Brüder hätten den hernach dafür ins Wasser geworfen. Und er brächte den Traum nicht aus sich, bis er nicht wüsste, was solche Brüder für ein Urteil verdient hätten, und das möchte ihm jetzt ein jeder Tafelgast frei heraus sagen. Das taten denn auch alle und zuletzt kam es auf die zwei Brüder. Der erste sagte:
»So einer verdient, dass man eine Säge nimmt und ihn in Stücke zerschneidet.«
Der zweite sagte:
»So einer verdient, dass man vier alte Ross, die schon langsam gehen, ein jedes bei einer Hand und bei einem Fuß einspannt und ihn in vier Teile auseinander reißt.«
Da sagte der König:
»Ihr habt euch euer Urteil selbst gesprochen.«
Der Franz aber heiratete hernach die schöne Florigunde und sie lebten glücklich miteinander. Eines Tages auf einem Spaziergang, als er auf seine Frau wartete, die nachkommen wollte, erschien dem Franz der Fuchs und sagte:
»Franz, wie geht’s?«
Der Franz sagte:
»Ich bin ganz glücklich, und wenn die Himmelstür offen wär, so möchte ich nicht einmal hineingehen.«
Der Fuchs aber sagte:
»Die schwerste Prüfung musst du noch bestehen. Deine Frau wird ein liebes Büble bekommen, das musst du mit deinem Leibschwert in zwei Stücke hauen. Tust du das nicht, so wirst du mit deinen Kindern und mit deinem Königreiche nie kein Glück haben. Wenn du es aber tust, so kann deine schöne Florigunde noch mehr schöne Büblein kriegen, und wenn du einen Krieg hast, wirst du alleweil siegen, und du wirst alleweil glücklich sein und ich noch mehr.«
Damit verschwand der Fuchs. Seine Frau aber, die schöne Florigunde, wurde von gar einem lieben, schönen Büble entbunden. Und wie die Hebamme es dem König überbrachte, da nahm er das Büble bei den Füßen, zog sein Leibschwert aus der Scheide und wollte das Kind mitten voneinander hauen. Als er aber mit dem Schwert ausholte, konnte er es auf einmal nicht herunterkriegen. Er sah sich um, da stand ein weißhaariger Greis hinter ihm, der hielt das Schwert fest und sprach:
»Mein lieber Franz, es ist schon gut, der Wille ist erfüllt – willst du wissen, wer ich bin?«
Franz sagte:
»Wenn’s mir nicht schadet, so will ich’s wohl gern wissen.«
Da sagte der Greis:
»Ich bin der, den du vor der Freithofstür ausgekauft und vor der Schande bewahrt hast und hast auch den Pfarrer gezahlt und meiner Beerdigung beigewohnt. Und ich bin der Fuchs, der dich alleweil geleitet und geführt hat, und das hab ich dir getan aus lauter Dankbarkeit.«
Der Greis gab dem König den Segen und dann war er auf einmal verschwunden.
Quelle: „Österreichische Märchen“ von Ingo Reiffenstein (Hrsg.)
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